Spin-Bahn-Kopplung zwischen Elektron und Nanoröhre
Einzelne Elektronen können das Schwingungsverhalten von Kohlenstoff-Nanoröhren verändern, wie eine theoretische Studie aus Konstanz ergibt.
Kohlenstoff-Nanoröhren besitzen besondere mechanische und elektrische Eigenschaften, weswegen zur Zeit intensiv an ihnen geforscht wird. Theoretische Physiker der Universität Konstanz haben nun eine wechselseitige Kopplung der mechanischen Schwingungen solcher Nanoröhren mit dem Spin von auf ihnen delokalisierten Elektronen beschrieben. Die Kopplung ähnelt der Spin-Bahn-Wechelwirkung in Atomen. Hybridsysteme aus Nanoröhren und delokalisierten Elektronen besitzen sowohl in der Messtechnik als auch für die Informationsverarbeitung in Quantencomputern Anwendungspotenzial.
Abb.: Kohlenstoff-Nanoröhrchen mit einzelnem Elektron in Schwingung. (Bild: A. Pályi / U. Konstanz)
In ihrem Modell betrachten die Wissenschaftler ein an beiden Enden eingespanntes Nanoröhrchen von einem halben Mikrometer Länge. Auf diesem Nanoröhrchen ist ein einzelnes Elektron gefangen. Delokalisierte Elektronen, die nicht an ein bestimmtes Atom gebunden sind, können in Nanoröhrchen in zwei verschiedenen Zuständen auftreten: Sie rotieren in die eine oder andere Richtung um das Röhrchen herum.
Entlang der Achse des Nanoröhrchens wird ein Magnetfeld angelegt. Durch das Magnetfeld wird die Symmetrie des Systems gebrochen. Die Energie der beiden Elektronenzustände spaltet sich in zwei Niveaus auf. Je nachdem, ob der Spinvektor in Richtung des Magnetfeldes weist oder ihm entgegengesetzt ist, wird das Energieniveau leicht angehoben oder gesenkt – ganz analog zur Spin-Bahn-Kopplung, die zur Feinstruktur der Spektrallinien eines Atoms führt.
Nanoröhren lassen sich durch Radiowellen zu resonanter Schwingung anregen. Durch die Spin-Bahn-Kopplung mit dem Elektron verändert sich einerseits die Frequenz dieser Schwingungen. Andererseits führt die Kopplung auch dazu, dass der Elektronenspin sich umkehren kann. Dieser Effekt ist besonders stark, wenn die Energiedifferenz zwischen den Spin-Zuständen der Schwingungsenergie entspricht. Da die zur Anregung der Schwingung nötigen Radiowellen sich einfach erzeugen lassen, erhoffen sich die Forscher von dieser Methode eine interessante Möglichkeit, den Spin zu kontrollieren. Diese Ergebnisse könnten zu höhere Sensitivitäten bei Sensoren zur Massenbestimmung im Nanobereich oder neuen Technologien zur Informationsverarbeitung in Quantencomputern führen, wie die Wissenschaftler schreiben.
Dirk Eidemüller