Elektronische Geräte wie Computer erzeugen Wärme, die meist nicht genutzt wird. Physiker der Universität Bielefeld können diese Energie nutzen: Sie erzeugen mit Wärme magnetische Signale, d.h. Spin-Ströme. Diese Signale könnten in Zukunft den elektrischen Strom in Elektronikbauteilen teilweise ersetzen. In einer neuen Studie haben die Physiker getestet, welche Materialien möglichst effektiv aus Wärme Spin-Ströme erzeugen können. Für die Studie arbeiteten sie mit Kollegen der Universitäten in Greifswald und Gießen und des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung in Dresden zusammen.
Abb.: In Experimenten testen die Forscher, welches Material am effektivsten Spin-Ströme erzeugen kann. (Bild: U. Greifswald)
Die Bielefelder Physiker arbeiten an den Grundlagen einer effektiveren und energiesparenden Datenverarbeitung im jungen Fachgebiet „Spin-Kaloritronik“, in der Arbeitsgruppe „Dünne Schichten und Physik der Nanostrukturen“, geleitet von Günter Reiss. In ihrer neuen Studie weisen sie nach, wie stark der Spin-Strom für verschiedene Kombinationen aus dünnen Schichten ist.
Der Spin-Strom entsteht durch Temperaturunterschiede zwischen zwei Enden eines elektronischen Bauteils. Diese Bauteile sind extrem klein und bestehen aus magnetischen Materialien, wie zum Beispiel Eisen, Cobalt oder Nickel.
Die Physiker nahmen zwei solcher Nanoschichten und platzierten dazwischen eine nur wenige Atome dicke Lage aus Metalloxid. Eine der beiden Außenschichten erwärmten sie – zum Beispiel mit einem heißen Nano-Draht oder einem fokussierten Laser. Insbesondere Elektronen mit einer bestimmten Spinausrichtung drangen durch das Metalloxid – so entstand der Spin-Strom.
In ihrer neuen Studie testeten Alexander Böhnke und Torsten Hübner gemeinsam mit ihren Kollegen Timo Kuschel und Andy Thomas unterschiedliche Kombinationen aus ultradünnen Schichten. Jedes Mal wurde eine der äußeren Schichten auf die gleiche Weise erwärmt. „Abhängig vom verwendeten Material hat sich die Ausbeute des Spin-Stroms aber deutlich unterschieden“, sagt Böhnke. „Das liegt an der elektronischen Struktur der verwendeten Materialien.“ Aufgrund von theoretischen Annahmen konnten die Forscher so die geeigneten Materialien mit der passenden elektronischen Struktur finden. Die gemessene Spin-Strom-Ausbeute war bis zu zehnfach höher als mit den bisher verwendeten Materialien. Besonders ergiebig sind laut den Forschern magnetische Nanostrukturen aus speziellen Verbindungen, die aus Cobalt, Eisen, Silizium und Aluminium bestehen.
Die Experimente der Bielefelder Physiker liefen in enger Kooperation mit dem Team um Markus Münzenberg von der Ernst-Moritz-Arndt-Universität in Greifswald und Christian Heiliger von der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Andy Thomas forschte zunächst an der Universität Bielefeld an dem Thema und setzt seine Forschungen jetzt am Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung in Dresden fort. Die Studie ist in einem Projekt des Schwerpunktprogramms „Spin Caloric Transport“ (SpinCaT) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) entstanden.
U. Bielefeld / DE