26.09.2014

Spin-Zustände im Visier

Modifiziertes Raster-Tunnel-Mikroskop regt Spin-Zustände eines einzelnen Atoms an und vermisst sie.

Die klassischen Methoden zur Untersuchung atomarer Spins haben einen gravierenden Nachteil: Sie benutzen elektromagnetische Strahlung. Dabei richtet man den Spin in einem äußeren Magnetfeld aus und regt ihn durch die resonante Strahlung an. Um ein messbares Signal dieser Übergänge zu erhalten, muss man allerdings eine Vielzahl gleichartiger Atome auf einmal bestrahlen. Physiker der Linzer Johannes Kepler Universität haben nun eine neue Methode vorgestellt. Statt Strahlung benutzen sie ein resonantes Wechselstromsignal, das sie uber die Spitze eines Raster-Tunnel-Mikroskops (STM) gezielt zu einem bestimmten Atom leiten und so dessen Spin-Zustände anregen.


Abb.: Das Terbiumatom ist in einem „Terbium-Doppeldecker-Molekul“ eingebettet. Über eine STM Spitze wird ein Wechselstromsignal in das Molekul geleitet, das im Resonanzfall den Spin des Terbiumatoms anregt und damit die Leitfähigkeit des Molekuls verändert. (Bild: S. Müllergger et al., APS)


Die Forscher betteten dazu ein einzelnes Terbiumatom in einem sogenannten „Terbium-Doppeldecker-Molekul“ ein. Dieses bestand aus einem zentralen Tb3+-Ion zwischen zwei flachen Phthalocyanin-Liganden. Diese Konfiguration schutzte den Spin des Terbiumatoms vor äußeren Einflussen und hielt ihn so uber mehrere Sekunden stabil. Eine Eigenschaft, die das System auch fur eine mögliche Anwendung als neuartiges Quantenbit empfiehlt.

Um sie einer STM-Messung zugänglich zu machen, dampften die Forscher die Molekule auf einen Goldeinkristall auf, wo sich die Ebenen der Liganden parallel zur Oberfläche des Kristalls ausrichteten. Zur resonanten Anregung des Spins platzierten sie zunächst die Spitze des Mikroskops exakt uber dem Molekul und stellten einen konstanten Tunnelstrom ein. Dieser trat uber ein unbesetztes Molekulorbital des oberen Liganden ein und floss uber das Molekul in das Goldsubstrat. Entscheidend dabei war, dass die Leitfähigkeit des Molekuls vom Spinzustand des Tb3+-Ions abhing. Nun überlagerten die Forscher den gleichförmigen Tunnelstrom mit einem Wechselstromsignal, das in Resonanz mit einem Spinubergang stand. Dadurch veränderte sich dieser Zustand und damit die Leitfähigkeit. Um verschiedene Spinubergänge aufzuspuren, variierten die Forscher die Frequenz des Wechselstromsignals zwischen 100 MHz und 4,2 GHz. Beim Durchstimmen der Frequenz, erhielten sie fur jeden Übergang einen Ausschlag in der Leitfähigkeit. Die Mess-Daten standen in hervorragender Übereinstimmung mit ihren Berechnungen, wie die Forscher feststellten.

„Wir können sogar Übergänge sehen, die fur herkömmliche Methoden, also die Bestrahlung mit Radiowellen, gar nicht zugänglich sind. Das liegt daran, dass wir durch die Verwendung von Elektronen nicht durch die Auswahlregeln fur magnetische Dipolubergänge eingeschränkt sind“, erklärt Stefan Mullegger, der maßgeblich an den Experimenten  beteiligt war. Mit dem derzeitigen experimentellen Aufbau, also einem modifizierten, kommerziell erhältlichen STM, das in zwei verschiedenen, statischen Magnetfeldern betrieben werden kann, waren sie in der Lage, neun verschiedene Hyperfeinubergänge zu identifizieren. Diese beinhalteten sowohl rein nukleare und rein elektronische als auch gemischte Übergänge.

Mit der erfolgreichen Kombination von STM und Magnetresonanzspektroskopie hat das Team um Mullegger eine neue Analysemethode vorgestellt, die auf eine Vielzahl von Systemen im Nanobereich anwendbar sein durfte – nicht zuletzt auch fur die Entwicklung eines neuartigen atomaren Speicherelements auf Terbium-Basis. Dazu fehlt jedoch noch ein wichtiger Schritt. Die Forscher können mit ihrer Methode den Spin des Atoms zwar umschalten, haben aber noch nicht die Kontrolle uber die letztendliche Spinausrichtung. Um dieses Problem zu lösen, wollen sie das kontinuierliche Wechselstromsignal durch eine gepulste Anregung ersetzen. Davon erwarten sie sich mehr Kontrolle uber den Umschaltprozess, was in Zukunft ein gezieltes Setzen von Bits ermöglichen wurde, so die Forscher.

Thomas Brandstetter

PH

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