04.08.2015

Spinkontrolle mit Schwung

Schwingende Diamant-Federbalken mit Stickstoff-Fehlstellen zeigen dauerhaft kohärente Spinrotation.

Wissenschaftler des Swiss Nanoscience Institute der Universität Basel haben mithilfe von Federbalken aus einkristallinen Diamanten ein neuartiges Bauteil entwickelt, bei dem ein Quantensystem in ein mechanisches schwingendes System integriert ist. Wie die Forscher erstmals zeigen konnten, lässt sich mit diesem mechanischen System ein im Federbalken eingebetteter Elektronen­spin kohärent manipulieren – und zwar ohne externe Antennen oder komplexe mikro­elektronische Strukturen.

Abb.: Der schwingende Federbalken beeinflusst den Spin der Elektronen in den Stickstoffvakanzzentren (rote Pfeile). Mithilfe eines Fluoreszenz­mikroskops lässt sich die Ausrichtung der Spins effizient auslesen. (Bild: A. Barfuss et al., U. Basel)

Die Gruppe um den Georg-H.-Endress-Professor Patrick Maletinsky hat bereits früher beschrieben, wie sich Federbalken aus einkristallinen Diamanten mit einzelnen eingebetteten Elektronen eignen, um den Spin dieser Elektronen zu adressieren. Diese Diamant-Federbalken wurden an mehreren Stellen so modifiziert, dass in ihrem Kristallgitter ein Kohlenstoffatom durch ein Stickstoffatom ersetzt wurde und gleich daneben eine Leerstelle entstand. In diesen „Stickstoff-Vakanzzentren“ kreisen einzelne Elektronen, deren Spin oder Eigendrehimpuls in dieser Arbeit untersucht wurde.

Wird nun der Federbalken in Schwingung versetzt, entstehen Spannungen in der Kristall­struktur des Diamanten. Dies hat wiederum einen Einfluss auf den Spin der Elektronen, der bei einer Messung in zwei mögliche Richtungen zeigen kann. Mithilfe von Fluoreszenz­spektroskopie lässt sich diese Ausrichtung des Spins auslesen.

Nun haben die Wissenschaftler die Federbalken so geschüttelt, dass sie dadurch erstmals eine kohärente Oszillation des gekoppelten Spins induzieren konnten. Dabei wechselt der Eigendrehimpuls der Elektronen kontrolliert in einem schnellen Rhythmus und die Wissenschaftler können zu jedem Zeitpunkt den Spinzustand kontrollieren. Diese Oszillation des Spins ist schnell verglichen mit der Frequenz des Federbalkens. Sie schützt den Spin zudem vor schädlichen Dekohärenz-Mechanismen.

Gut vorstellbar ist eine Anwendung dieser Diamant-Federbalken in der Sensorik, da sich die Auslenkung des Federbalkens über den veränderten Spin erfassen lässt, und zwar potenziell auf eine sehr sensitive Art und Weise. Zudem lässt sich nach den neuen Erkenntnissen der Spin über einen recht langen Zeitraum von annähernd hundert Mikrosekunden kohärent rotieren, was die Präzision der Messung erhöht. Eventuell ließen sich Stickstoff-Vakanzzentren auch zur Entwicklung eines Quantencomputers heranziehen. In diesem Fall wäre die in dieser Arbeit gezeigte schnelle Manipulation ihrer Quantenzustände ein entscheidender Vorteil.

U. Basel / DE

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