20.09.2022

Spinpolarisierte Ströme einfach erzeugen

In speziellem Übergangsmetall-Dichalcogenid lassen sich Spins bereits durch linear polarisiertes Licht selektiv manipulieren.

Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts war das Zeitalter der Elektronik: Elektronische Bau­elemente wurden immer komplexer und kleiner, aber diese Prozesse stoßen nun an Grenzen. Die Spintronik verspricht, mit deutlich weniger Energie­einsatz Informationen allein auf der Grundlage von Spins zu speichern oder zu transportieren. Allerdings ist es immer noch eine Herausforderung, Spins durch externe Felder zuverlässig und in großem Maßstab zu steuern.

 

Abb.: Hafnium­diselenid ist ein quasi­zwei­dim­ension­ales Material mit...
Abb.: Hafnium­diselenid ist ein quasi­zwei­dim­ension­ales Material mit interes­santen Eigen­schaften für die Spin­tronik. Die Zeichnung zeigt die Kristall­struktur. (Bild: O. Clark / HZB)

Die Übergangsmetall-Dichalcogenide (TMD) sind neben Graphen die am intensivsten untersuchten quasi-zweidimensionalen Materialien, die Ladungs­dichte­wellen, Supraleit­fähigkeit und nichttriviale topologische Eigenschaften zeigen. Hafniumdiselenid (HfSe2) gehört zu dieser Klasse von Materialien. Jetzt hat ein Team an BESSY II die elektronische Struktur von Hafnium­diselenid analysiert und eine neue Eigenschaft entdeckt, die die Erzeugung und Kontrolle von Spinströmen erleichtern könnte.

„Um von der Elektronik zur Spintronik überzugehen, müssen wir Materialien finden, in denen sich Spin-up- und Spin-down-Elektronen unterschiedlich verhalten“, sagt Erstautor Oliver Clark. Es gibt zwei Möglichkeiten, dies zu erreichen: „Wir können entweder das Material von außen stören, so dass Elektronen mit unterschiedlichen Spins funktional ungleichwertig werden, oder wir können Magnete verwenden, bei denen die Elektronen mit entgegen­gesetzten Spins von Haus aus funktional unterschiedlich sind.“

Bei der ersten Methode liegt die Schwierigkeit darin, geeignete Materialpaarungen und Mechanismen zu finden, mit denen die Spin-Kontrolle von außen aufgezwungen werden kann. Für die so genannten 2H-strukturierten TMDs benötigt man beispielsweise perfekte Einkristalle und eine zirkular polarisierte Lichtquelle. Im Gegensatz dazu ist die zweite Methode viel einfacher, aber die Integration von Magneten in Bauelemente ist für den Betrieb herkömmlicher elektronischer Komponenten problematisch, vor allem in kleinem Maßstab.

Zwischen diesen beiden Möglichkeiten gibt es jedoch einen Mittelweg, zumindest für einige ausgewählte Materialien wie Hafnium­diselenid: „Wenn man dieses Material mit linear polarisiertem Licht untersucht – das einfacher zu erzeugen ist als zirkular polarisiertes Licht –, verhält es sich in Bezug auf seine Spinstruktur wie ein Magnet. So wird die Spin-Selektivität sehr einfach, und man hat nicht die Probleme, die mit anderen magnetischen Eigenschaften verbunden sind“, erklärt Clark. Der Vorteil ist: Die Kristall­qualität oder die Ausrichtung der Probe spielen keine Rolle mehr.

Dies eröffnet einen völlig neuen Weg zur Erzeugung von spinpolarisierten Strömen aus Übergangs­metall-Dichalco­geniden. „Unsere Ergebnisse sind nicht nur für Physikerinnen und Physiker von Bedeutung, die sich mit geschichteten zweidimensionalen Materialien beschäftigen, sondern auch für alle, die sich mit der Herstellung von spintronischen und opto-spintronischen Bauelementen beschäftigen“, hofft Clark.

HZB / DE

 

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