Spins mit hoher Lebenserwartung
Exziton-Spins in Perowskit weisen vielversprechende Eigenschaften für zukünftige Spintronikanwendungen auf.
Spintronik soll die nächste Revolution in der Datenverarbeitung bringen. Während die Weiterentwicklung herkömmlicher Elektronik, die auf dem Transport elektrischer Ladungen basiert, schon bald an fundamentale Grenzen stoßen wird, birgt der Spin von Elektronen oder Quasiteilchen – zumindest theoretisch – enormes Potenzial. Nicht nur bietet sich seine Orientierung zur Speicherung binärer Information an, er lässt sich auch schnell und mit geringem Energieaufwand umschalten. Auf der Suche nach geeigneten Materialien für die neue Technologie halten Wissenschaftler Ausschau nach zwei wichtigen Eigenschaften: Die Spins sollen sich leicht manipulieren lassen und gleichzeitig eine lange Lebensdauer aufweisen. Eine Forschergruppe der Universität von Utah hat nun Exzitonen in einem Perowskit mit Hilfe von Laserpulsen ausgerichtet und festgestellt, dass die erzeugte Polarisation der Spins überraschend stabil ist.
Abb.: Ein zirkular polarisierter Laserpuls richtet die Spins aus, ein zweiter, zeitlich verzögerter Puls detektiert die Präzession der Spins in einem externen Magnetfeld (Mitte). Die Perowskitstruktur (links oben). Messung der Schwebung der Spins von Elektronen und Löchern (rechts unten). (Bild: P. Odenthal)
Im Allgemeinen besteht ein Spintronikelement aus Elektroden mit optimierten Grenzflächen für Injektion bzw. Nachweis der Spins und einem Medium, in dem die Spins transportiert und manipuliert werden können. Während in den letzten beiden Jahrzehnten signifikante Fortschritte in der Entwicklung der einzelnen Komponenten zu verzeichnen waren, stellt die Realisierung eines praktikablen Transistors noch eine Herausforderung dar. Dabei kommt vor allem der Suche nach Materialien mit geeigneter Spin-Bahn-
Trotz ihrer beeindruckenden Erfolgsgeschichte in den letzten Jahren als Grundmaterial für Solarzellen und Leuchtmittel steht die Erforschung von Perowskiten für mögliche Spintronikanwendungen noch am Anfang. Erst kürzlich haben Forscher entdeckt, dass ein spezieller Vertreter dieser Materialklasse die Möglichkeit aufweist, seine magnetischen Spins mithilfe elektrischer Felder zu manipulieren – eine wichtige Eigenschaft für die Entwicklung von Spintronikbauteilen. Darüber hinaus lassen sich sowohl Bandlücke als auch Spin-Bahn-
Wie die amerikanischen Forscher um Yan S. Li nun in ihrer aktuellen Studie demonstrieren, weist Perowskit auf Basis von Blei und Jod bei einer Temperatur von vier Kelvin Spins mit einer unerwartet langen Lebensdauer von über einer Nanosekunde auf. Eigentlich haben beide Elemente aufgrund ihrer Masse eine starke Spin-Bahn-
Für ihre Untersuchungen erzeugten Li und ihre Kollegen auf einem Glassubstrat mittels Rotationsbeschichtung einen dünnen, polykristallinen Film des Materials mit einer durchschnittlichen Korngröße von etwa 200 Nanometern. Zur Förderung der Kristallbildung fügten sie während der Herstellung noch Chlor bei, das sich aber im Laufe der Verarbeitung wieder verflüchtigte. Die Ausrichtung der Spins erfolgte durch Bestrahlung mit einem 150 Femtosekunden langen, zirkular polarisierten Laserpuls, der genau auf die Energie der Exzitonen bei 1,64 Elektronenvolt eingestellt war und eine Bandbreite von 8,5 Millielektronenvolt aufwies. Für die Messung des zeitlichen Verlaufs der Spins dienten Pulse aus linear polarisiertem Licht. Die Verzögerung zwischen Anregung und Messung wurde über eine Verzögerungsstrecke im optischen Weg des Messpulses eingestellt.
Neben der Bestimmung der Lebensdauer konnten die Forscher auch Schwebungen in den Präzessionsbewegungen der Elektronen und Löcher nachweisen, die gemeinsam die Exzitonen bilden. Dazu führten sie Experimente in externen Magnetfeldern durch und es gelang ihnen, aus den gemessenen Frequenzen über ein komplexes Effektive-
Thomas Brandstetter
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