15.02.2017

Spintronik im Sandwich

Zweidimensionales Elektronengas an außergewöhnlicher Grenzfläche ermöglicht spintronische Anwendungen.

Heutige Computertechnologie basiert auf dem Transport elektrischer Ladung in Halbleitern. Doch schon in naher Zukunft wird das Potential dieser Technologie ausgeschöpft sein, da die verwendeten Bauteile sich nicht weiter miniaturisieren lassen. Doch es gibt noch eine weitere Möglichkeit: Statt der Ladung der Elektronen könnte man ihren Spin für den Informations­transport nutzen. Wie das geht, zeigt nun ein Wissenschaftler­team aus München und Kyoto.

Abb.: Diese Grenzschicht erlaubt den Transport von Information über den Drehimpuls von Elektronen. (Bild: C. Hohmann / NIM)

Computer und Mobilgeräte stellen Jahr für Jahr einen größeren Funktions­umfang bereit. Basis für diese Leistungs­steigerungen ist eine immer weiter­gehende Miniaturisierung. Dieser ist jedoch eine fundamentale Grenze gesetzt, so dass eine beliebige weitere Steigerung mit konventioneller Halbleiter­technologie nicht zu erwarten ist. Forscher in aller Welt arbeiten deshalb an Alternativen. Als besonders viel­versprechend erweist sich die Spin-Elektronik. Diese Eigenschaft möchten die Fachleute nutzen, um die Informations­dichte und damit den Funktions­umfang zukünftiger Elektronik weiter zu erhöhen.

Wissenschaftler des Walther-Meißner-Institutes der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der TU München in Garching konnten jetzt zusammen mit Kollegen von der Kyoto Universität in Japan den Transport von Spin-Information bei Raum­temperatur in einem außer­gewöhnlichen Materialsystem analysieren. In ihren Experimenten wiesen sie die Erzeugung, den Transport und die Detektion von elektronischen Spins in der Grenzfläche zwischen Lanthan-Aluminat (LaAlO2) und Strontium-Titanat (SrTiO3) nach.

Die Besonderheit dieses Materialsystems: An der Grenzfläche zwischen den beiden nicht­leitenden Materialien bildet sich eine extrem dünne, elektrisch leit­fähige Schicht aus, ein zwei­dimensionales Elektronen­gas. Wie das deutsch-japanische Team nun zeigen konnte, kann dieses zwei­dimensionale Elektronen­gas nicht nur Ladung, sondern auch Spin transportieren. „Dazu mussten wir zunächst einige technische Hürden überwinden“, sagt Hans Hübl, stellvertretender Direktor des Walther-Meißner-Instituts. „Die beiden wichtigsten Fragestellungen dabei lauteten: Wie lässt sich der Spin in das zwei­dimensionale Elektronen­gas übertragen und wie lässt sich sein Transport nachweisen?“

Das Problem der Spin-Übertragung lösten die Wissenschaftler durch einen magnetischen Kontakt, dessen Elektronen durch Mikrowellen­strahlung zu einer Präzessions­bewegung gezwungen werden, analog zur Taumel­bewegung eines Kreisels. Genau wie beim Kreisel hält diese Bewegung nicht ewig an, sondern schwächt sich ab – in diesem Fall durch Abgabe von Drehmoment an das zwei­dimensionale Elektronen­gas. Dieses ist nun in der Lage, die Spin-Information zu einem nicht­magnetischen Kontakt zu transportieren, der sich einen Mikrometer neben dem magnetischen Kontakt befindet.

Der nichtmagnetische Kontakt detektiert den Spin-Transport, indem er die Spins absorbiert und dabei eine elektrische Spannung aufbaut. Durch Messung dieser Spannung konnten die Forscher den Spin-Transport systematisch untersuchen und nachweisen, dass er in derartigen Strukturen über Entfernungen bis zum hundert­fachen Abstand heutiger Transistoren möglich ist.

Basierend auf diesen Ergebnissen wollen die Wissenschaftler nun erforschen, inwieweit sich mit diesem Material­system spin­elektronische Bauelemente mit neuartigen Funktionalitäten realisieren lassen. Das Forschungs­projekt wurde durch die Deutsche Forschungs­gemeinschaft (DFG) im Rahmen des Exzellenz­clusters „Nanosystems Initiative Munich“ (NIM) finanziell gefördert.

BadW / DE

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