26.05.2015

Sprünge in der Welt der Kontinuität

Neuer Effekt hilft bei der Suche nach topologischen Isolatoren.

Topologische Isolatoren leiten in ihrem Inneren Strom so gut wie gar nicht, während an ihrer Oberfläche Strom unter bestimmten Umständen hervorragend fließt. Wenn es gelingt, diese Eigenschaft technisch nutzbar zu machen, könnte das zur Entwicklung einer ganz neuen Form der Elektronik – der Spintronik – und damit von Quantencomputern führen.

Abb.: Topologische Isolatoren zeigen verblüffende Eigenschaften: Im Inneren leiten sie Strom so gut wie gar nicht, an der Oberfläche jedoch sehr gut. Das macht sie zu Kandidaten für die Spintronik. (Bild: A. Amaricci, SISSA)

„Topologische Isolatoren sind jedoch schwer zu erkennen, weil wir es nicht mit einer konventionellen Ordnung mit langer Reichweite zu tun haben, wie beispielsweise im Fall von Ferromagneten“, sagt Giorgio Sangiovanni von der Universität Würzburg. Das mache die Suche nach neuen Materialien vergleichsweise kompliziert. Jetzt hat ein internationales Forscherteam um Sangiovanni erstmals einen neuen Effekt in der Theorie vorhergesagt, der die Suche im Experiment erleichtern könnte.

Phasenübergänge spielen dabei eine wichtige Rolle, denn sie sind für das komplexe Verhalten topologischer Isolatoren mit verantwortlich. Kühlt man Eisen unter einen bestimmten Wert – die Curie-Temperatur – ab, so wird das Material spontan magnetisch. Oberhalb dieser Temperatur verliert es diese Eigenschaft wieder. Unterhalb der Curie-Temperatur ordnen sich die magnetischen Pole alle in der gleichen Richtung; oberhalb richten sie sich zufällig aus und heben sich damit in ihrer Wirkung gegenseitig auf.

Topologische Phasenübergänge verlaufen anders: Charakteristisch ist eine Veränderung globaler Eigenschaften des jeweiligen Materials. Diese Übergänge sind kontinuierlich. Die meisten beobachtbaren Größen verändern sich also stetig, wenn man externe Parameter, beispielsweise Druck oder Temperatur, variiert. Sangiovanni und seine Kollegen haben jetzt erstmalig an einem mikroskopischen Modell einen topologischen Phasenübergang beschrieben, der nicht kontinuierlich verläuft – weg von einem konventionellen Isolator, hin zu einem topologischen.

Ursache für diesen unkonventionellen, sprungartigen topologischen Übergang ist die Wechselwirkung zwischen Elektronen – ein Aspekt, der in der Standardtheorie der topologischen Isolatoren nicht berücksichtig ist. Weil diese Theorie allerdings bei vielen, bereits bekannten Klassen topologischer Isolatoren gut funktioniert, hat dieses Defizit bislang nicht gestört. Das hat sich mittlerweile geändert: „Inzwischen suchen Wissenschaftler weltweit intensiv nach neuen topologischen Materialien, die beispielsweise nicht nur auf Halbleitern basieren“, erklärt Sangiovanni. Dort mache sich die Wechselwirkung zwischen Elektronen deutlich bemerkbar. Und in diesem Fall – das zeigt die jetzt vorgelegte Theorie – liefert die Coulomb-Wechselwirkung eindeutigere Signaturen des topologischen Übergangs. Somit lasse sich der Übergang experimentell einfacher erkennen und charakterisieren.

JMU / RK

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