12.01.2018

Stark polarisierte Radioblitze

Kosmische Radiostrahlungsausbrüche stammen aus hoch­magne­ti­sierter Region.

Die Radioblitze von FRB121102, der nach wie vor einzigen bekannten Quelle wieder­holter Radio­strahlungs­aus­brüche („Fast Radio Bursts”, FRBs), sind sehr stark polari­siert. Das hat ein inter­natio­nales Team von Astro­nomen durch neue Radio­beob­ach­tungen mit den Tele­skopen des Arecibo-Obser­va­toriums und des Green-0Bank-Obser­va­toriums heraus­gefunden. Das Ver­halten dieser polari­sierten Strahlung bei unter­schied­lichen Frequenzen macht es möglich, die direkte Umgebung der Strahlungs­quelle auf neu­artige Weise zu erforschen.

Abb.: Das Arecibo-Radiotele­skop in einer sternklaren Nacht. Links neben dem Band der Milch­straße ist ein Strahlungs­aus­bruch von der Quelle FRB121102 dar­ge­stellt. (Bild: D Futse­laar / B. P. Irwin / D. van de Water / Shutter­stock.com)

Wenn polarisierte Radiostrahlung ein kosmisches Magnet­feld durch­läuft, wird die Aus­rich­tung der Polari­sa­tion durch die Fara­day-Rota­tion ver­dreht, je stärker das Magnet­feld desto größer das Aus­maß der Ver­drehung. Bei den Radio­strah­lungs­aus­brüchen von FRB121102 gehört dieser Effekt zu den stärksten, die jemals in kos­mi­schen Radio­quellen ge­messen wurden. Die Forscher schließen daraus, dass die er­zeugte Strah­lung ein außer­ge­wöhn­lich starkes Magnet­feld in dichtem kos­mi­schem Plasma durch­läuft.

„Die einzigen Quellen in unserer Milch­straße, deren polari­sierte Strah­lung so stark ver­dreht wird wie bei FRB121102, liegen im galak­tischen Zentrum und damit in einer dyna­mischen Region in unmit­tel­barer Nähe zu einem masse­reichen schwarzen Loch”, sagt Daniele Michilli von der Uni­ver­sität Amster­dam. „Die Ver­drehung der Polari­sa­tion in den Strah­lungs­aus­brüchen könnte aber auch da­durch er­klärt werden, dass sich die Quelle in einem leucht­kräf­tigen Nebel oder Super­nova­über­rest be­findet.”

Der Schlüssel zu dem neuen Resultat war der Nachweis der Strahlungs­aus­brüche bei höheren Radio­frequenzen als jemals zuvor. „Wir haben am Arecibo-Obser­va­torium einen neuen Beob­ach­tungs­auf­bau ent­wickelt, um das zu ermög­lichen. Und unsere Kollegen vom Projekt Break­through Listen am Green-Bank-Tele­skop konnten das Ergebnis durch Beob­ach­tungen bei sogar noch höheren Radio­frequenzen bestätigen“, sagt Andrew Seymour vom Arecibo-Obser­va­torium. „Dazu kommt, dass Eigen­schaften und Ver­lauf der Polari­sation der von jungen energie­reichen Neutronen­sternen in unserer Milch­straße ähneln. Das unter­stützt Modelle zum Ursprung der Radio­blitze in Neutronen­sternen.”

Erst vor einem Jahr hat das Forscherteam die genaue Position von FRB121102 ermittelt und heraus­ge­funden, dass die Strahlungs­aus­brüche aus einem Stern­ent­stehungs­gebiet in einer Zwerg­galaxie in rund drei Milli­arden Licht­jahren Ent­fer­nung kommen. Die große Ent­fer­nung bedeutet, dass in jedem Strahlungs­aus­bruch eine gewaltige Menge an Energie frei­ge­setzt wird – in einem nur eine Milli­sekunde lang andau­ernden Radio­blitz ist es die gleiche Energie, wie sie unsere Sonne an einem ganzen Tag abstrahlt.

Zusätzlich zu der stärksten Drehung der Polarisations­richtung, die in den bisher bekannten Radio­strahlungs­aus­brüchen beob­achtet werden konnte, zeigen die beob­ach­teten Aus­brüche von FRB121102 eine komplexe Struktur in Zeit und Radio­frequenz. „Die Profile der anderen bisher gefun­denen Strahlungs­aus­brüche sind einfach mit gerade einem oder maximal zwei Spitzen im zeit­lichen Ver­halten. Bei FRB121102 haben wir aber schon Aus­brüche mit gleich sieben dieser Spitzen beob­achtet. Und die finden wir sowohl in der zeit­lichen als auch in der Frequenz­abhän­gig­keit der Radio­strahlung”, sagt Laura Spitler vom MPI für Radio­astro­nomie. „Wir ver­suchen zu ver­stehen, ob diese Struk­turen in den Strahlungs­aus­brüchen direkt von dem Prozess kommen, der die Strahlung erzeugt, oder ob sie auf die Aus­breitung der Strahlung in dichtem Plasma in der direkten Umge­bung zurück­gehen.”

„Wir werden weiterhin systematisch überprüfen, wie sich die Eigen­schaften der Strahlungs­aus­brüche mit der Zeit ändern”, sagt Jason Hessel von der Uni­ver­sität Amster­dam. „Mit diesen Beob­ach­tungen sollte es uns möglich sein, zu ent­scheiden, welche der beiden Ursprungs­modelle für die Bursts zutrifft: ein Neutronen­stern ent­weder in direkter Umge­bung eines schwarzen Lochs oder inmitten eines energie­reichen kosmischen Nebels.” Mit eine ganzen Anzahl von neuen Radio­tele­skopen zur gleich­zeitigen Erfas­sung größerer Areale am Himmel, die dem­nächst ihren Betrieb auf­nehmen, ist zu erwarten, dass in den kommenden Jahren eine ganze Anzahl weiterer Radio­blitze nach­ge­wiesen wird und die Forscher sind gespannt auf die Ergeb­nisse, um weitere funda­men­tale Fragen über die Natur der schnellen Radio­strahlungs­aus­brüche zu beant­worten.

MPIfR / RK

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