Starke Kopplung über große Distanzen
Laserlicht-Schleife verbindet Membranschwingung mit Spinbewegung.
Erstmals konnten Forscher Quantensysteme über eine größere Distanz stark miteinander koppeln. Dies gelang mit einer neuartigen Methode, bei der eine Laserlicht-Schleife die Systeme verbindet. So können sie nahezu verlustfrei Information austauschen und miteinander wechselwirken. Die neue Methode könnte Anwendungen in Quantennetzwerken und in der Quantensensorik finden.
Quantenzustände zu erzeugen erfordert meist eine starke Wechselwirkung zwischen den beteiligten Systemen, zum Beispiel zwischen mehreren Atomen oder Nanostrukturen. Bisher war eine hinreichend starke Wechselwirkung jedoch auf kurze Distanzen beschränkt: Man platzierte dafür zwei Systeme bei tiefen Temperaturen möglichst nahe beieinander auf demselben Chip oder in derselben Vakuumkammer, wo sie durch elektro- oder magnetostatische Kräfte miteinander wechselwirken können. Eine Kopplung über größere Distanzen ist jedoch Voraussetzung für verschiedene Anwendungen wie Quantennetzwerke oder bestimmte Arten von Sensoren.
Physikern um Philipp Treutlein von der Universität Basel und dem Swiss Nanoscience Institute (SNI) ist es nun erstmalig gelungen, eine starke Kopplung von zwei Systemen über eine größere Distanz und durch eine Raumtemperatur-Umgebung hindurch zu erzeugen. In ihrem Experiment verwendeten sie Laserlicht, um die Vibrationen einer hundert Nanometer dünnen Membran und die Bewegung des Spins von Atomen über eine Distanz von einem Meter stark aneinander zu koppeln. Dadurch setzt jede Vibration der Membran auch den Spin der Atome in Bewegung und umgekehrt.
Das Experiment beruht auf einem Konzept, das die Forscher gemeinsam mit dem theoretischen Physiker Klemens Hammerer von der Universität Hannover entwickelt haben. Dabei wird ein Laserstrahl mehrmals zwischen den beiden Systemen hin und her geschickt. „Das Licht verhält sich dann wie eine mechanische Feder, die zwischen Atomen und Membran gespannt wird und Kräfte zwischen ihnen vermittelt“, sagt Thomas Karg, der die Experimente im Rahmen seiner Doktorarbeit an der Universität Basel durchgeführt hat. In dieser Schleife aus Laserlicht können die Eigenschaften des Lichts so eingestellt werden, dass keine Information über die Bewegung der beiden Systeme nach draußen gelangt, und somit deren quantenmechanische Wechselwirkung ungestört bleibt.
Die Forscher konnten dieses Konzept nun erstmals im Experiment realisieren und für eine Reihe von Experimenten verwenden. „Die Kopplung von Quantensystemen mit Licht ist sehr flexibel und vielseitig einsetzbar“, so Forschungsleiter Treutlein. „Wir können den Lichtstrahl zwischen den Systemen kontrollieren und so unterschiedlichste Wechselwirkungen erzeugen, die beispielsweise für die Quantensensorik von Interesse sind.“
Neben der Kopplung von Atomen mit nanomechanischen Membranen könnte die neue Methode auch in vielen anderen Systemen Verwendung finden, beispielsweise bei der Kopplung von supraleitenden Quantenbits oder Spinsystemen in Festkörpern, die für das Quantencomputing erforscht werden. Das neue Verfahren zur lichtinduzierten Kopplung könnte solche Systeme zu Quantennetzwerken für die Informationsverarbeitung und Simulation verknüpfen. Treutlein ist überzeugt: „Wir haben hier ein neues und sehr nützliches Werkzeug im Baukasten der Quantentechnologie.“
U. Basel / JOL