10.06.2013

Starke Röntgenpulse lassen Magnetisierung verschwinden

Hochintensive FEL-Blitze bei FLASH machen die Magnetisierung eines Materials innerhalb von Femtosekunden unsichtbar.

Resonante magnetische Röntgenstreuung ist eine etablierte Methode, um an konventionellen Synchrotronstrahlungsquellen die magnetischen Eigenschaften von Materialien zu untersuchen. So können beispielsweise die einzelnen magnetischen Domänen, in denen die Magnetisierung jeweils in eine bestimmte Richtungen zeigt, abgebildet werden. Ein Forscherteam von DESY, Center for Free-Electron Laser Science CFEL, Technischer Universität Berlin, Helmholtz-Zentrum Berlin, Universität Hamburg und Université Pierre et Marie Curie (Paris) nutzt diese Experimentiermethode jetzt auch am Röntgenlaser FLASH. Dieser ist mit seinen ultrakurzen hellen Lichtblitzen ideal, um ultraschnelle Ummagnetisierungen experimentell zu verfolgen. Diese wurden durch einen zusätzlichen optischen Laser angeregt und mit einem nicht zu stark fokussierten, also nicht zu intensivem, FEL-Strahl nachgewiesen.

Abb.: (a) Streubild aus 1000 FEL-Pulsen mit kleiner Intensität (b) Streubild eines einzelnen FEL-Pulses mit hoher Intensität. Obwohl mit einem Drittel weniger Licht aufgenommen, ist das magnetische Streusignal zusammengebrochen. Das starke Signal oben rechts stammt von der Zerstörung der Probe. (Bild: DESY)

Doch als die Experimentatoren ihre Schichtenprobe aus Kobalt und Platin in den stark fokussierten Lichtstrahl hielten, erlebten sie eine große Überraschung: Ab einer gewissen Röntgenintensität war die Magnetisierung nicht mehr zu messen, das magnetische Beugungsbild der Probe verschwand fast vollständig. „Art und Intensität der Streuung änderten sich schlagartig“, so Leonard Müller, Erstautor der Studie. „Die Wechselwirkung des Röntgenlichts regt die Elektronen des Materials so stark an, dass unser Beugungsbild verblasst, bis es schließlich verschwindet.“ Interessant ist, dass dies ohne eine zusätzliche Anregung geschieht. Der Schluss der Forscher: Der Röntgenblitz misst nicht nur den Zustand der Probe sondern er ändert ihn auch gleichzeitig; und zwar auf einer Zeitskala, die noch deutlich kürzer als der ohnehin schon unvorstellbar kurze Blitz selbst sein muss.

Die magnetischen Eigenschaften eines Stoffes werden durch die Elektronen und ihren Spin bestimmt. Diese magnetische Struktur lassen sich sichtbar machen, wenn man sie mit Röntgenlicht einer ganz bestimmten Wellenlänge und damit Energie beleuchtet. Die Energie des Lichts muss dabei so gewählt werden, dass Elektronen in ein bestimmtes Energieniveau angehoben werden können; nur dann kommt es zur resonanten magnetischen Streuung. „In Simulationen haben wir berechnet, dass das Röntgenlicht bei einem Fluss von fünf Joule pro Quadratzentimeter, so wie es in den Experimenten verwendet wurde, in weniger als zehn Femtosekunden die elektronische Struktur der Probe grundlegend verändert“, erklärt Beata Ziaja von der CFEL Theorie-Division. „Damit verändern sich die Energieniveaus der magnetischen Atome und der magnetische Anteil der Streuung bricht zusammen.“

Die aktuellen Lichtblitze von FLASH sind etwa 100 Femtosekunden lang und damit gut geeignet, um sich bewegende atomare Systeme abzubilden. Wenn man jedoch elektronische Eigenschaften untersuchen möchte, muss der Einfluss durch das Laserlicht berücksichtigt werden, da das Elektronensystem deutlich schneller reagiert als das atomare System. Das gilt nicht nur für die jetzt durchgeführten Messungen an magnetischen Systemen, sondern wahrscheinlich auch für andere Systeme, die mit resonanter Streuung untersucht werden, wie z.B. Supraleiter, vermuten die Forscher. Für diese Zwecke schlägt Müller eine systematische Untersuchung des Einflusses von FEL-Licht auf die elektronische Struktur relevanter Materialien vor. Dies würde neue Einblicke in die fundamentalen und ultraschnellen Wechselwirkungsprozesse zwischen Röntgenlicht und elektronischer Struktur liefern.

„Natürlich möchten wir auch gerne untersuchen, wie sich ein elektronisches System verhält, wenn wir es mit einem Röntgenblitz von nur einer Femtosekunde Länge anregen“, so die Forscher – Pulslängen, die FLASH jedoch noch nicht erzeugen kann. Die Ergebnisse sind also auch eine Herausforderung für die Wissenschaftler, die für die Entwicklung und den Betrieb zukünftiger FEL-Quellen verantwortlich sind.

DESY / DE

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