08.03.2016

Starke Terahertz-Quelle mit hoher Wiederholungsrate

Internationale Kollaboration testet erfolgreich neues Konzept für kompakte, beschleuniger­basierte Tera­hertz-Anlagen.

Terahertz-Strahlung ist unsichtbar und für den Menschen ungefährlich. Sie ist besonders gut geeignet, moderne Materialien oder komplexe biologische Vorgänge zu untersuchen. Am Elektronenbeschleuniger ELBE des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf haben Wissenschaftler nun eine Prototyp-Anlage für die Forschung mit starken Terahertz-Feldern aufgebaut. Die Anlage mit dem Namen TELBE erzeugt starke Terahertz-Pulse bei gleichzeitig un­er­reicht hoher Wiederholrate, erlaubt also um Größenordnungen mehr Messungen pro Sekunde als an existierenden Quellen.

Abb.: An der Prototyp-Anlage TELBE werden zwei Tera­hertz-Quellen parallel betrieben: ein Diffraktions­strahler (rechts) und eine Undulator-Quelle (mit orange­farbenen Kühl­schläuchen). Zwei Strahl­führungen leiten die Licht-Pulse in das Labor direkt darüber. (Bild: F. Bierstedt, HZDR)

Mit Wellenlängen zwischen 0,03 und 3 Millimetern handelt es sich bei Tera­hertz-Licht um Wärmestrahlung im fernen und mittleren Infrarot-Bereich. Wie jede Strahlung im elektromagnetischen Spektrum, besteht auch Tera­hertz-Strahlung aus gekoppelten elektrischen und magnetischen Feldern. Seit einigen Jahren werden starke Laserpulse im Terahertz-Regime erfolg­reich an Hochfeld-Terahertz-Quellen erzeugt. Damit sind neuartige Experimente mit besonders hohen magnetischen und elektrischen Feld­stärken der Terahertz-Strahlung möglich.

In den Lebenswissenschaften könnten Hochfeld-Quellen für ungeahnte Einblicke in die Struktur und Dynamik von Proteinen sorgen, ihre Vorteile kommen aber auch in den Materialwissenschaften zum Tragen. Hohe Tera­hertz-Felder können Materialien gezielt und selektiv beeinflussen, indem sie exotische Materiezustände erzeugen. Diese existieren zwar oft nur für ultra­kurze Zeitspannen von einer billionstel Sekunde, sie könnten aber zu einem besseren Verständnis von ungeklärten Phänomenen wie etwa der Hoch­temperatur-Supraleitung beitragen. Das Problem: Bisher verfügbare Tera­hertz-Quellen haben für viele Untersuchungen ungeeignete Parameter, also beispielsweise nur sehr niedrige Wiederholraten.

Gemeinsam mit Kollegen vom Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY und dem European XFEL in Hamburg, dem SLAC National Accelerator Laboratory in Stanford und dem Karlsruher Institut für Technologie konnte die Terahertz-Arbeitsgruppe um Michael Gensch am HZDR nun zeigen, dass sich bereits mit einem sehr kompakten Beschleuniger kurze und starke Terahertz-Pulse mit unerreicht hohen Wiederholraten erzeugen lassen. „Dadurch werden zahlreiche Experimente möglich, von denen Wissenschaftler weltweit bisher nur träumen konnten“, so Gensch. „Wir diskutieren derzeit mit unseren Pilot­nutzern, welche Techniken wir am TELBE-Prototyp etablieren sollen, um die Parameter optimal auszunutzen.“

Die nun publizierten Resultate sind das Ergebnis einer mehrjährigen Zu­sammenarbeit von Beschleunigerphysikern, Laserexperten und Material- und Lebenswissenschaftlern. Ihr Ziel: Eine Prototyp-Anlage am ELBE-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen des HZDR zu entwickeln, die von Beginn an für viele Forschungsbereiche exzellente Experi­mentier­mög­lich­keiten bietet. Im aktuellen Pilotexperiment erzeugten die Forscher Spinwellen in Nickeloxid. Das hohe Magnetfeld der Terahertz-Pulse aus der TELBE-Anlage koppelt direkt an die Elektronenspins im Material Nickeloxid und regt sie zu einer einheitlichen Rotationsbewegung an. So entstehen Spinwellen, mit denen sich Informationen transportieren und verarbeiten lassen. Das Besondere: Die beobachtete Auslenkung der Spins war deutlich größer als bei bisherigen Untersuchungen. Durch die im Vergleich zu existierenden Anlagen um mehrere Größenordnungen höhere Wiederholrate können derartige Expe­ri­mente zudem schneller und mit besserer Auflösung durchgeführt werden. „Wenn wir die Zielparameter der TELBE-Anlage erreicht haben, stehen uns hundertfach stärkere Terahertz-Pulse zur Verfügung. Damit kommen wir dann bereits in Größenordnungen, bei denen wir nicht nur kohärente Spinwellen anregen, sondern sogar eine Spinumkehr erreichen können. Das hätte eine hohe technologische Bedeutung“, sagt Gensch.

Eine weitere Neuerung: Ein Beschleuniger treibt mehrere Terahertz-Strahler parallel an. Somit können an Nutzeranlagen der Zukunft mehrere Anwender gleichzeitig Experimente Multi-User-Betrieb durchführen. „Wir wollen jetzt untersuchen, ob wir auch eine dritte, besonders schmalbandige Quelle parallel betreiben können. Mittelfristig könnten dann auch mehr als zwei Messplätze für Hochfeld-Terahertz-Experimente zur Verfügung stehen“, sagt Sergey Kovalev, der für die Betreuung der zukünftigen Nutzer verantwortliche Physiker an der TELBE Anlage. TELBE wird ab dem Sommer im „friendly user“-Modus betrieben. „Gerade in der Anfangszeit von neuen Anlagen kann es passieren, dass noch nicht alle Parameter passgenau für alle vor­ge­schla­genen Experimente eingestellt werden können“, sagt Kovalev. „Wir sind aus diesem Grund auch während der Experimente die ganze Zeit vor Ort, um unsere Messgäste zu unterstützen und die Anlage zu optimieren“. Schon jetzt ist die beschränkte Experimentierzeit europaweit stark nachgefragt.

HZDR / RK

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