26.05.2016

Starkes Magnetfeld für starke Herzen

Ultrahochfeld-Magnetresonanztomograph geht kardiovaskulären Erkrankungen auf molekularer und zellulärer Ebene nach.

Mit der Einbringung eines vollständig neu entwickelten Magneten in den Ende November zu eröffnenden Forschungs- und Behandlungs­neubau des Deutschen Zentrum für Herz­insuffizienz (DZHI) fällt der Startschuss für eine neue Ära der Bildgebung in Würzburg. Dann beginnt die letzte Installations­phase des 7-Tesla-Magnet­resonanz­tomographen (7T-MRT) – einem an nur sehr wenigen Forschungs­standorten verfügbaren, bildgebenden Verfahren dieser Dimension. Im Würzburger DZHI wird mit dem Gerät erstmals die Patho­physiologie kardio­vaskulärer Erkrankungen auf molekularer und zellulärer Ebene sichtbar gemacht. Die ersten Testbilder werden Ende 2016 erwartet.

Abb.: Das neue 7-Tesla-Ganzkörper-MRT „Terra“ von Siemens soll die Forschung und Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen deutlich nach vorne bringen. (Bild: Siemens Heathcare GmbH)

7-Tesla-MRT-Systeme, sogenannte Ultrahochfeld-MRTs, sind nicht gänzlich neu in der medizinischen Anwendung, zumindest nicht an forschungs­intensiven Stand­orten der Medizin. Bislang wurden sie primär für Untersuchungen am Gehirn und weiteren neuro­radiologischen Frage­stellungen eingesetzt. Das soll sich jetzt ändern: In der Geburts­stadt der medizinischen Bildgebung, in der Wilhelm Conrad Röntgen vor rund 120 Jahren die nach ihm benannten Röntgen­strahlen entdeckte und damit erstmals Einblick in den Körper ohne Berührung ermöglichte, wird jetzt ein Ultra­hochfeld-Tomograph für kardiologische klinische Bildgebung eingesetzt. Das 25 Tonnen schwere Gerät wurde von Siemens Healthcare entwickelt und gefertigt.

In dem Gerät wird ein Magnetfeld mit der Stärke 7 Tesla erzeugt, was deutlich mehr ist als der derzeitige klinische Standard von 1,5 Tesla oder 3 Tesla. Das besonders starke Magnetfeld soll eine deutlich bessere Bild­qualität und insbesondere auch neuartige Bild­kontraste ermöglichen, weshalb es für die diffizilen Strukturen der Herz­anatomie und zugehörigen Gefäße viel­versprechend ist. Bilder entstehen in einem MRT durch die Reaktion körpereigener Wasserstoff­atome mit dem Magnetfeld. Die Atomspins richten sie sich entlang des Magnetfeldes aus. Werden sie durch Radiowellen der Tomographen abgelenkt, so kehren sie wieder in die Ausgangs­orientierung zurück. Dieses Zurück­kehren lässt sich messen, wobei unterschiedliche Gewebe und Zellen, aber auch krankhafte Veränderungen, verschieden reagieren.

Derzeit ist es bei 7 T noch schwierig, die erwarteten besseren MRT-Bilder auch tatsächlich zu bekommen, da . viele physikalische und technische Probleme auftreten. Obwohl es sich um den modernsten 7T-Magneten handelt, den der Hersteller Siemens installieren wird, sind die physikalischen Feld­verhältnisse im Körper sehr komplex und müssen durch spezielle, teils noch zu entwickelnde Methoden in den Griff bekommen werden, um eine gute Bildqualität zu erreichen. Das tief im Körper liegende, sich ständig bewegende Herz, das von Organen mit anderen physikalischen Eigenschaften umgeben ist, stellt hier besonders hohe Anforderungen. Gleich mehrere Arbeitsgruppen werden daher gemeinsam mit Siemens an dem Gerät forschen.

Das DZHI ist hierfür ein besonders geeigneter Platz, da es modernste Bildgebungslabore haben wird und Wissenschaftler unterschiedlicher naturwissenschaftich-technischer (Physik, Chemie, Biologie) und medizinischer (Kardiologie, Radiologie, Pharmazie, Chirurgie, Psychiatrie und Psychologie) Fachrichtungen für ein gemeinsames Ziel forschen: Die Prävention von Herzschwäche und ihren Begleit­erkrankungen.

Das Würzburger 7-Tesla-MRT-System für den Einsatz am Menschen soll in dem neu errichteten Bild­gebungs­zentrum des DZHI gleichermaßen für Forschung und Behandlung dienen. Um das Gerät zu installieren, wird die Wand des Gebäudes demnächst wieder geöffnet, so dass der 17 Tonnen schwere Magnet, nachdem er mit einem Kran über das Gebäude gehoben und mit höchster Präzision, an Glas­fenstern und Wänden vorbei, in den Lichthof abgesenkt wird anschließend seinen endgültigen Platz im Sockel des Gebäudes findet.

Das Würzburger Gerät wird in Zukunft nicht nur wie an anderen Standorten den Forschungs­betrieb erlauben, sondern auch einen besonderen klinischen Betriebsmodus für Patienten ermöglichen. Auch damit sind die Grundlagen für den breiten Einsatz der Ultra­hochfeld-MRT für Patienten gelegt. „Eine weltweite Innovation ist, dass das Gerät mit bis zu acht Sendern die Radio­wellen simultan einstrahlt. Diese Methode lässt uns hoffen, dass wir dadurch die Bildgebung des Herzens verbessern werden, da bei dieser Feld­stärke bislang noch sehr ungleich­mäßige Bilder entstehen und medizinisch relevante Details verborgen bleiben können: Die Wellenlänge der Radio­wellen liegt in der Größen­ordnung der Körper­dimensionen. Die dadurch entstehenden Interferenz­effekte wollen wir durch das simultane Einstrahlen mit mehreren Radio­sendern in den Griff bekommen. Unsere Forschungs- und Entwicklungs­arbeiten werden hier ansetzen und wegweisende Ergebnisse für die Kardiologie und auch andere klinische Disziplinen erzielen“, so Laura Schreiber, die am DZHI die Abteilung für kardiale Bildgebung leitet und das neue 7T-MRT ab 2017 für Forschung und Behandlung von Herz­schwäche und ihren Komplikationen betreiben wird.

Universitätsklinikum Würzburg / DE

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