Statistische Physik vorangebracht
Hartmut Löwen erhält den SigmaPhi-Preis.
Im Rahmen der internationalen Konferenz „SigmaPhi“ wurde Hartmut Löwen vom Institut für Theoretische Physik II der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) mit dem SigmaPhi-Preis ausgezeichnet. Er erhielt den Preis für seine besonderen Leistungen im Bereich der statistischen Physik. Seit 2014 ehrt die Internationale SigmaPhi-Konferenz zur statistischen Physik, die alle drei Jahre in Griechenland stattfindet, Persönlichkeiten für grundlegende Beiträge zu diesem Fachgebiet.
Am 10. Juli wurde Hartmut Löwen „für seine bahnbrechenden Beiträge zur statistischen Physik der aktiven Materie mit grundlegenden Beiträgen zu Chiralität, nicht-reziproken Wechselwirkungen, bewegungsinduzierter Phasentrennung und aktiver Turbulenz“ ausgezeichnet. Weiterer Preisträger ist J. Michael Kosterlitz, Physik-Nobelpreisträger des Jahres 2016.
Beispiele für die ausgezeichneten Gebiete aus Löwens Forschung: Bei der Chiralität geht es um die Beschreibung von aktiven Teilchen, die einen Drehsinn haben, sogenannte Spinner. Nichtreziproke Wechselwirkungen treten im Tierreich etwa bei Räuber-Beute-Systemen auf, in denen eine Spezies die andere verfolgt, die wiederum zu fliehen versucht. Bewegungsinduzierte Phasentrennungen geschehen, wenn Teilchen durch Wechselwirkungen Cluster bilden. Eine neue Art von Turbulenz – eine spontane Wirbelbildung – entdeckte Löwens Team bei niedrigen Reynoldszahlen, was zum Beispiel bei Bakterien häufig auftritt.
Die SigmaPhi-Tagung ist eine der weltweit größten Tagungen auf dem Gebiet der statistischen Physik. Über 1000 Personen aus 42 Ländern nahmen daran in diesem Jahr teil. Sie hat den Status einer „Europhysics Conference“, die von der Europäischen Physikalischen Gesellschaft ausgerichtet wird.
Hartmut Löwen, 1963 in Hamm in Westfalen geboren, studierte Physik in Dortmund und promovierte dort 1987 mit einer Arbeit zu Phasenübergängen in Polaronensystemen. Nach Forschungsaufenthalten in München und Lyon habilitierte er sich 1993 an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seit 1995 hat er den Lehrstuhl für Theoretische Physik II – Physik der Weichen Materie – inne.
Sein Hauptforschungsschwerpunkt liegt im Bereich der weichen Materie. Neben theoretischen Arbeiten zu verschiedenen Ausprägungen dieser im Alltag allgegenwärtigen Materieform – von Gelen, Klebstoffen, Honig bis hin zu Blut – arbeitet er eng mit experimentellen Physikern sowohl in Düsseldorf als auch an vielen Hochschulen im In- und Ausland zusammen.
Mit großem Erfolg warb Hartmut Löwen verschiedene Drittmittelforschungsprojekte ein. So leitete er unter anderem den von 2002 bis 2013 geförderten DFG-Sonderforschungsbereich / Transregio TR6 „Physics of Colloidal Dispersions in External Fields“. Von 2014 bis 2021 war Löwen Mitglied des DFG-Senats, dem wichtigsten wissenschaftspolitischen Gremium der größten deutschen Forschungsfördereinrichtung.
Für seine Forschungen und sein wissenschaftliches Engagement wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. So erhielt er im Jahr 2003 den Gentner-Kastler-Preis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und der Sociétè Francaise de Physique für seine außerordentlichen Beiträge zur Physik, im Jahr 2010 verlieh ihm das European Research Council einen ERC Advanced Grant. Im Jahr 2012 ehrte ihn die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf mit der Universitätsmedaille. 2017 wählte ihn die American Physical Society zum „Outstanding Referee“. Am 10. Juli 2023 wurde ihm der SigmaPhi-Preis verliehen, eine bedeutende internationale Auszeichnung für statistische Physik.
HHU / DE