12.06.2014

Staub verbirgt gewaltige Explosionen

Submillimeter-Teleskopfeld ALMA untersucht die Umgebung dunkler Gammastrahlenausbrüche.

Gammastrahlenausbrüche (engl. Gamma Ray Bursts, kurz GRBs) sind intensive Strahlungsblitze extrem hoher Energie, die sich in fernen Galaxien beobachten lassen, denn es handelt sich dabei um die hellsten Explosionsphänomene im Universum. Astronomen bezeichnen Blitze, die länger als einige Sekunden andauern, als langanhaltende Gammastrahlenblitze (LGRBs) und bringen sie mit Supernova-Explosionen in Verbindung, mächtigen Detonationen am Lebensende massereicher Sterne.

Abb.: Beobachtungen der Ursprungsgalaxie von GRB 020819B, links Messungen der Radioemission des molekularen Gases, die Aufnahme in der Mitte zeigt den Staub. Beide Aufnahmen entstanden mit ALMA. Rechts zum Vergleich ein Bild im sichtbaren Spektralbereich, aufgenommen mit dem Frederick C. Gillett Gemini North Telescope. Das Kreuz zeigt die Position des GRBs. (Bild: B. Hatsukade, NAOJ / ALMA Coll.)

In nur wenigen Sekunden setzt ein typischer Gammastrahlenausbruch so viel Energie frei, wie die Sonne in ihrem gesamten zehn Milliarden Jahre langen Leben. Der Blitz ist oft gefolgt von einer langsam schwächer werdenden Emission, dem Nachglühen von der man annimmt, dass sie durch Kollisionen zwischen abgestoßenem Material und Gas in der nahen Umgebung verursacht wird. Allerdings besitzen einige Gammastrahlenblitze rätselhafterweise kein Nachleuchten – sie sind „dunkle Blitze“. Als mögliche Erklärung dafür gelten Staubwolken, die die Strahlung des Nachleuchtens absorbieren.

In den letzten Jahren haben Wissenschaftler die Entstehung von GRBs anhand ihrer Ursprungsgalaxien untersucht. Die massereichen GRB-Vorläufersterne sind in aktiven Sternentstehungsgebieten zu finden, die von großen Mengen molekularen Gases umgeben sind, dem Grundbaustein der Sternentstehung. Es konnten jedoch keine Beobachtungen gemacht werden, die diese Theorie bestätigten, was die Forscher lange Zeit mit einem Rätsel zurückließ.

Zum ersten Mal hat nun eine japanische Gruppe von Astronomen, geleitet von Bunyo Hatsukade vom National Astronomical Observatory in Japan, mit ALMA Radioemission von molekularem Gas in zwei LGRB-Ursprungsgalaxien gemessen – GRB 020819B und GRB 051022 in Entfernungen von 4,3 Milliarden und 6,9 Milliarden Lichtjahren. Obwohl sich derartige Radiostrahlung bislang nie in GRB-Ursprungsgalaxien detektieren ließ, hat es die ALMA-Anlage nun mit ihrer unerreichten hohen Empfindlichkeit möglich gemacht.

Eine weitere bemerkenswerte Errungenschaft, die das hohe Auflösungsvermögen von ALMA ermöglicht hat, war die Bestimmung der Verteilung des molekulares Gas und des Staubs in den GRB-Ursprungsgalaxien. Beobachtungen von GRB 020819B offenbarten ein erstaunlich staubreiches Umfeld in den Randgebieten der Ursprungsgalaxien, wohingegen molekulares Gas nur im Zentrum auftritt. Das ist die erste gemessene Verteilung in GRB-Ursprungsgalaxien.

„Wir haben nicht erwartet, dass GRBs in einem so staubigen Umfeld mit einem niedrigen Verhältnis von molekularem Gas zu Staub, auftreten würden. Das deutet darauf hin, dass der Gammastrahlenausbruch sich in einer Umgebung ereignet hat, die sich stark von einem typischen Sternentstehungsgebiet unterscheidet” , erklärt Hatsukade. Demnach haben die massereichen Sterne, die als GRB starben, ihr Umfeld in ihrem Sternentstehungsgebiet verändert, bevor sie explodierten: Ihre ultraviolette Strahlung hat zuvor die Bindungen des molekulares Gases aufgebrochen. Obwohl eine ähnliche Verteilung in GRB 051022 auftritt, muss dies noch wegen mangelnder Auflösung bestätigt werden.

Auf jeden Fall stützen diese Aufnahmen die Vermutung, dass Staub in Galaxien die Strahlung des Nachglühens absorbiert und somit das Auftreten  von dunklen Gammastrahlenblitzen verursacht. „Die Ergebnisse, die wir dieses Mal erhalten haben, haben unsere Erwartungen übertroffen. Wir müssen weitere Beobachtungen für andere GRB-Ursprungsgalaxien durchführen, um zu sehen, ob es sich dabei um allgemeine Bedingungen im Umfeld eines GRB handelt. Wir freuen uns auf die zukünftige Forschung mit der verbesserten Leistungsfähigkeit von ALMA” , schließt Hatsukade.

ESO / OD

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