09.08.2023

Stellare Winde bedrohen Exoplaneten-Atmosphären

Kühle Sterne mit stärkeren Magnetfeldern erzeugen stärkere Winde.

Mit Hilfe modernster numerischer Simulationen hat eine Studie unter Leitung von Forschenden des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) die erste systematische Charak­terisierung der Eigenschaften stellarer Winde in einer Stichprobe von kühlen Sternen vorgenommen. Sie fanden heraus, dass Sterne mit stärkeren Magnetfeldern stärkere Winde erzeugen. Diese Winde können ungünstige Bedingungen für das Überleben von Planeten­atmosphären schaffen und damit die mögliche Bewohnbarkeit dieser Systeme beeinträchtigen.

Abb.: Illustration eines Stern-Planeten-Systems, in dem der Sternenwind auf die...
Abb.: Illustration eines Stern-Planeten-Systems, in dem der Sternenwind auf die Planeten­atmosphäre wirkt. (Bild: K. Riebe & J. Fohlmeister, AIP)

Die Sonne ist ein ziemlich durch­schnittlicher Stern und gehört zur Kategorie G. Sterne, die heller und größer als die Sonne sind, gehören zur Kategorie F, und K-Sterne sind etwas kleiner und kühler als die Sonne. Die kleinsten und schwächsten Sterne sind die M-Sterne, die aufgrund der Farbe, in der sie das meiste Licht aussenden, auch als rote Zwerge bezeichnet werden. Satelliten­beobach­tungen haben gezeigt, dass die Sonne neben Licht auch einen anhaltenden Strom von Teilchen aussendet, der als Sonnenwind bekannt ist. Diese Winde durchqueren den inter­planetaren Raum und interagieren mit den Planeten des Sonnensystems, einschließlich der Erde. Das Schauspiel der Polar­lichter in der Nähe der Pole wird durch diese Wechsel­wirkung erzeugt.

Diese Winde können jedoch auch schädlich sein, da sie eine stabile Planeten­atmosphäre zerstören können, wie es auf dem Mars der Fall war. Während über den Sonnenwind viel bekannt ist, gilt dies nicht für andere kühle Sterne. Das Problem besteht darin, dass wir diese Sternwinde nicht direkt sehen können, so dass wir uns auf die Untersuchung ihres Einflusses auf das dünne Gas beschränken müssen, das den Raum zwischen den Sternen in der Galaxie füllt. Dieser Ansatz hat jedoch mehrere Einschränkungen und ist nur auf einige wenige Sterne anwendbar. Aus diesem Grund werden Computer­simulationen und Modelle eingesetzt, um die verschiedenen Eigen­schaften der Sternwinde vorherzusagen, ohne dass Astro­nominnen und Astronomen sie beobachten müssen.

In diesem Zusammenhang haben die Doktorandin Judy Chebly, der Wissenschaftler Julián D. Alvarado-Gómez und die Abteilungs­leiterin Katja Poppenhäger aus der Abteilung Sternphysik und Exoplaneten am AIP in Zusammenarbeit mit Cecilia Garraffo vom Center for Astro­physics am Harvard & Smithsonian die erste systematische Studie der Eigenschaften von Sternwinden erstellt, die für F-, G-, K- und M-Sterne erwartet werden. Die numerischen Simulationen wurden mit den Supercomputern des AIP und des Leibniz-Rechen­zentrums durchgeführt, wobei eines der anspruchs­vollsten derzeit verfügbaren Modelle verwendet wurde. Das Team untersuchte, wie sich die Eigenschaften der Sterne, wie Schwerkraft, Magnet­feldstärke und Rotations­dauer, auf die Wind­eigenschaften in Form von Geschwindigkeit oder Dichte auswirken.

Die Ergebnisse umfassen eine vollständige Charak­terisierung der Eigen­schaften des Sternwinds über alle Sterntypen hinweg, und zeigen, dass frühere Annahmen zu den Sternwindgeschwin­digkeiten überdacht werden müssen, wenn die damit verbundenen Massenverluste aus Beobachtungen geschätzt werden. Darüber hinaus ermöglichen die Simu­lationen die Vorhersage der erwarteten Größe der Alfvén-Oberfläche – der Grenze zwischen der Korona des Sterns und seinem Sternwind. Diese Informationen sind von grundlegender Bedeutung, um festzustellen, ob ein Planeten­system möglicher­weise starken magnetischen Stern-Planeten-Wechsel­wirkungen ausgesetzt ist, die auftreten können, wenn die Planetenbahn in die Alfvén-Oberfläche des Sterns eintritt oder vollständig darin eingebettet ist.

Ihre Ergebnisse zeigen, dass Sterne mit Magnetfeldern, die größer sind als die der Sonne, schnellere Winde haben. In einigen Fällen können die Sternwind­geschwindigkeiten bis zu fünfmal schneller sein als die durch­schnittliche Sonnenwind­geschwindigkeit, die typischerweise 450 Kilometer pro Sekunde beträgt. Im Rahmen der Untersuchung wurde ermittelt, wie stark die Winde dieser Sterne in den habitablen Zonen sind, also in den Entfernungen, in denen felsige Exoplaneten bei einem erd­ähnlichen atmo­sphärischen Druck flüssiges Wasser an der Oberfläche haben könnten. In der Nähe von Sternen des F- und G-Typs herrschen mildere Bedingungen, vergleichbar mit denen, die die Erde in der Nähe der G-Typ-Sonne vorfindet, während die Winde bei Sternen des K- und M-Typs zunehmend schroffer werden. Solch kräftige Sternwinde wirken sich stark auf eine mögliche Atmosphäre des Planeten aus.

Dieses Phänomen ist in der Sonnenphysik zwischen Gesteins­planeten und der Sonne gut dokumentiert, aber nicht im Fall von Exoplaneten-Systemen. Dies erfordert Schätzungen des Sternwindes, um ähnliche Prozesse zu bewerten, wie wir sie zwischen dem Sonnenwind und den Planeten­atmosphären beobachten. Informationen über den Sternwind waren bisher für Hauptreihen-Sterne der Klassen F bis M nicht bekannt, was diese Studie im Zusammenhang mit der Habi­tabilität wichtig macht. Die hier vorgestellte Arbeit wurde für 21 Sterne durchgeführt, aber die Ergebnisse sind allgemein genug, um auf andere kühle Haupt­reihensterne angewendet zu werden. Diese Untersuchung ebnet den Weg für künftige Forschungen zur Beobachtung von Sternwinden und deren Einfluss auf die Erosion von Planeten­atmosphären.

AIP / JOL

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