Sterne, Jets und Batterien
Tayler-Instabilität erstmals im Labor nachgewiesen, Ergebnisse fließen in Entwicklung von Flüssigmetallbatterien ein.
Abb.: Der Doppelhelix-Nebel in der Nähe des Schwarzen Loches im Zentrum unserer Galaxie verdankt seine Gestalt wahrscheinlich einer Tayler-Instabilität. (Bild: NASA, JPL / Caltech / M. Morris, UCLA)
Bei der Entstehung von Schwarzen Löchern spielen magnetische Instabilitäten eine entscheidende Rolle, sie regulieren aber auch die Rotationsgeschwindigkeit kollabierender Sterne und beeinflussen das Verhalten kosmischer Jets. Zum besseren Verständnis der zugrundeliegenden Mechanismen sind Laborexperimente auf der Erde nötig. Im Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) gelang in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) erstmalig der Nachweis einer solchen Tayler-Instabilität (wir berichteten). Die gewonnenen Erkenntnisse sollen auch bei der Konstruktion großer Flüssigmetallbatterien helfen, die als preiswerte Speicher für erneuerbare Energien im Gespräch sind.
Die Tayler-Instabilität wird von Astrophysikern unter anderem in Bezug auf die Entstehung von Neutronensternen diskutiert. So müssten diese kollabierten Sonnen der Theorie zufolge sehr viel schneller rotieren, als sie dies in Wirklichkeit tun. Die rätselhafte Bremswirkung wird inzwischen der Wirkung der Tayler-Instabilität zugeschrieben, die die Rotation von tausend Umdrehungen pro Sekunde auf etwa zehn bis hundert reduziert. In kosmischen Jets, also Materieströmen, die senkrecht aus den rotierenden Gasscheiben in der Umgebung Schwarzer Löcher herausströmen, werden gelegentlich Strukturen beobachtet, die an die Doppelhelix der DNA erinnern. Auch für solche Strukturen könnte die Tayler-Instabilität verantwortlich sein.
Abb.: Die Tayler-Instabilität kommt in derartigen Laboraufbauten vor, wenn ein genügend hoher Strom durch ein flüssiges Metall geleitet wird. (Bild: AIP / HZDR)
Theoretisch vorausgesagt wurde das jetzt erstmalig im Labor am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf beobachtete magnetische Phänomen von R. J. Tayler im Jahr 1973. Die Tayler-Instabilität entsteht immer dann, wenn ein genügend starker Strom durch eine leitfähige Flüssigkeit fließt. Ab einer bestimmten Stärke erzeugt die Wechselwirkung des Stromes mit seinem eigenen Magnetfeld eine Strömung. Dass dieses Phänomen nicht nur im Kosmos, sondern auch auf der Erde wirken kann, wissen die Rossendorfer Wissenschaftler, seit sie sich mit Flüssigmetallbatterien beschäftigen. Sollten in Zukunft solche Batterien als Speicher für regenerative Energien eingesetzt werden, so könnte sich deren Realisierung auf Grund der beim Laden und Entladen einsetzenden Tayler-Instabilität als komplizierter erweisen als angenommen.
Amerikanische Wissenschaftler entwickelten die ersten Prototypen und gehen davon aus, dass das System einfach skalierbar wäre. Frank Stefani vom HZDR bezweifelt das: „Wir haben errechnet, dass ab einer gewissen Stromdichte und Batteriegröße unweigerlich die Tayler-Instabilität einsetzt und dazu führt, dass in den Metallschichten eine starke Strömung entsteht. Diese rührt die flüssigen Schichten um und es kommt zum Kurzschluss.“ Jetzt berichtet das Team um Stefani – gemeinsam mit Kollegen vom AIP um Günther Rüdiger – über das erste erfolgreiche Experiment zum Nachweis der Tayler-Instabilität in einem Flüssigmetall. Hierbei kommt eine bei Raumtemperaturen flüssige Legierung aus Indium, Gallium und Zinn zum Einsatz, durch die ein Strom von bis zu 8000 Ampere geschickt wird. Um andere Ursachen der beobachteten Instabilität, wie etwa Unregelmäßigkeiten in der Leitfähigkeit, auszuschließen, verzichten die Forscher bewusst auf den Einbau von Geschwindigkeitssensoren; stattdessen nutzen sie 14 hochempfindliche Magnetfeld-Sensoren. Die gewonnenen Daten zeigen die Anwachsraten und kritischen Ströme der Tayler-Instabilität, die in bemerkenswerter Weise mit den numerischen Vorhersagen übereinstimmen.
Abb.: Die Tayler-Instabilität wirkt auch auf große Flüssigmetallbatterien, die in Zukunft als Zwischenspeicher für erneuerbare Energien eingesetzt werden könnten. (Bild: HZDR)
Bei den kleineren amerikanischen Prototypen entsteht die Tayler-Instabilität erst gar nicht, doch Flüssigmetallbatterien müssen sehr groß sein, damit sie sich rechnen. Stefani führt aus: „Ich sehe Flüssigmetallbatterien mit einer Grundfläche von Quadratmetern als durchaus realistisch an. Sie lassen sich sehr einfach herstellen, indem man die Flüssigkeiten in einen großen Behälter schüttet. Dann organisieren sie ihre Schichtstruktur selbst und lassen sich beliebig oft auf- und entladen. Das macht sie wirtschaftlich interessant. Solch ein System kommt auch sehr gut mit dem Regellastbetrieb zurecht, der ständig zwischen der Abnahme und Zufuhr von Strom schwankt.“ Flüssigmetallbatterien könnten also den bei Überangebot gespeicherten Strom immer dann abgeben, wenn die Sonne gerade nicht scheint oder die Windräder stillstehen.
Ihr Grundprinzip ist sehr einfach: da flüssige Metalle leitfähig sind, können sie direkt als Anoden und Kathoden dienen. Füllt man zwei geeignete Metalle in einen Behälter, sodass sich das schwere Metall unten und das leichtere oben befindet, und trennt die Metalle durch eine Schicht aus geschmolzenem Salz, entsteht eine galvanische Zelle. Die Metalle sind bestrebt, sich zu vermischen und eine Legierung zu bilden. Da die Salzschmelze in der Mitte sie an der direkten Vermischung hindert, müssen die Metallatome zunächst Elektronen abgeben, um dann als Ionen durch die Salzschmelze zu wandern. Beim anderen Metall angekommen, legieren sie sich mit ihm unter Aufnahme von Elektronen. Beim Laden wird der Prozess umgekehrt und die Legierung wieder in ihre Bestandteile zerlegt. Um bei großen Batterien die Tayler-Instabilität – und damit einen Kurzschluss – zu vermeiden, schlägt Stefani ein Innenrohr vor, durch das der Strom zurückgeleitet wird. Damit lassen sich die Abmessungen der Batterien deutlich vergrößern.
Auch der erstmalige experimentelle Nachweis des homogenen Dynamoeffekts, der auch für die Entstehung des Erd- und Sonnenmagnetfeldes verantwortlich ist, war Rossendorfer Forschern gemeinsam mit Kollegen aus Riga im Jahr 1999 gelungen. In einer Gemeinschaftsaktion mit dem Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam konnte dann 2006 die Magnetorotations-Instabilität im Labor nachgestellt werden, die erklärt, warum Sterne und Schwarze Löcher wachsen können. Im Rahmen des Zukunftsprojektes DRESDYN bereiten die Forscher zur Zeit zwei große Experimente mit flüssigem Natrium vor, die den Dynamoeffekt unter dem Einfluss von Präzession einerseits und die Kombination magnetischer Instabilitäten andererseits untersuchen sollen.
HZDR / OD