06.11.2014

Sterne ohne Galaxien

Untersuchung des extra­galak­tischen Hinter­grund­lichts löst viel­leicht das kosmo­logi­sche Bary­onen-Prob­lem.

Abb.: Die Rakete, mit der das Cos­mic In­fra­red Back­ground Ex­pe­ri­ment auf einer bal­lis­ti­schen Bahn ins Welt­all ge­flo­gen ist. (Bild: Caltech)

Das extra­galak­tische Hinter­grund­licht ist eine aus allen Rich­tungen kommende, diffuse Strah­lung im infra­roten, optischen und ultra­violetten Bereich des Spektrums. Es enthält Infor­mationen über die totale Produk­tion von Pho­tonen über die gesamte kos­mische Geschichte – und damit viel­leicht auch über die ersten Galaxien im jungen Uni­versum, wie manche Astro­nomen bislang gehofft haben. Diese Hoff­nung hat nun eine interna­tionales Forscher­team mit Messungen der Fluktua­tionen des Hinter­grund­lichts im nahen Infrarot­bereich zunichte gemacht: Die dominie­rende Quelle der Strahlung sind demnach streun­ende Sterne, die sich außerhalb von Galaxien befinden.

Zwei Theorien für die Entstehung des Hinter­grund­lichts haben bislang miteinander konkurriert. Die populärere der beiden sieht Galaxien und Schwarze Löcher in der Epoche der Reioni­sation als dominie­rende Quellen. Ein verlockender Gedanke, könnte man so doch aus dem Hinter­grund­licht Infor­mationen über diese ansonsten eher unzu­gäng­liche Epoche gewinnen. Die zweite Theorie ist prosa­ischer: Danach stammt das Licht von all jenen Sternen, die im Laufe der kosmischen Geschichte bei engen Begegnungen und Verschmelzungen von Galaxien durch die dabei wirkenden Gezeiten­kräften aus ihren Heimat­systemen heraus­gerissen wurden.

Um den Quellen des Hintergrundlichts auf die Spur zu kommen, haben Michael Zemcov vom Caltech und seine Kollegen im Rahmen des „Cosmic Infrared Background Experiments“ CIBER die räumlichen Fluktuationen der Strahlung bei Wellenlängen von 1,1 und 1,6 Mikrometern untersucht. CIBER ist eine wiederverwendbare Nutzlast für ballistische Raketen, die eine Weitwinkelkamera und zwei Spektrometer enthält. Die ausgewerteten Messungen von zwei Flügen zeigen Schwankungen im Hintergrundlicht, die deutlich größer sind als nach dem ersten Modell zu erwarten: Die Sternentstehungsrate im jungen Kosmos müsste dann so groß sein, dass sie nicht mit dem damals produzierten Anteil an schweren Elementen in Einklang zu bringen ist.

Der dominierende Teil des Hintergrund­lichts stammt also, so schließen Zemcov und seine Kollegen, von Sternen im heutigen Kosmos, die ihre Bahnen außerhalb von Galaxien ziehen. Aller­dings ist die Menge dieser Sterne, die sich aus den Fluktua­tionen ergibt, über­raschend: Etwa die Hälfte aller Sterne befinden sich demnach nicht innerhalb, sondern außerhalb von Galaxien. Wie das Team betont, könnte diese unerwartete Entdeckung das Baryonen-Problem der Kosmo­logie lösen. Bislang haben die Astronomen nämlich nur etwa die Hälfte der normalen, baryonischen Materie aufgespürt, die im Kosmos vorhanden sein sollte. Die andere Hälfte könnte, so zeigt sich nun, in streunenden Sternen fernab von Galaxien vorliegen.

Rainer Kayser

OD

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