Sterne ohne Galaxien
Untersuchung des extragalaktischen Hintergrundlichts löst vielleicht das kosmologische Baryonen-Problem.
Abb.: Die Rakete, mit der das Cosmic Infrared Background Experiment auf einer ballistischen Bahn ins Weltall geflogen ist. (Bild: Caltech)
Das extragalaktische Hintergrundlicht ist eine aus allen Richtungen kommende, diffuse Strahlung im infraroten, optischen und ultravioletten Bereich des Spektrums. Es enthält Informationen über die totale Produktion von Photonen über die gesamte kosmische Geschichte – und damit vielleicht auch über die ersten Galaxien im jungen Universum, wie manche Astronomen bislang gehofft haben. Diese Hoffnung hat nun eine internationales Forscherteam mit Messungen der Fluktuationen des Hintergrundlichts im nahen Infrarotbereich zunichte gemacht: Die dominierende Quelle der Strahlung sind demnach streunende Sterne, die sich außerhalb von Galaxien befinden.
Zwei Theorien für die Entstehung des Hintergrundlichts haben bislang miteinander konkurriert. Die populärere der beiden sieht Galaxien und Schwarze Löcher in der Epoche der Reionisation als dominierende Quellen. Ein verlockender Gedanke, könnte man so doch aus dem Hintergrundlicht Informationen über diese ansonsten eher unzugängliche Epoche gewinnen. Die zweite Theorie ist prosaischer: Danach stammt das Licht von all jenen Sternen, die im Laufe der kosmischen Geschichte bei engen Begegnungen und Verschmelzungen von Galaxien durch die dabei wirkenden Gezeitenkräften aus ihren Heimatsystemen herausgerissen wurden.
Um den Quellen des Hintergrundlichts auf die Spur zu kommen, haben Michael Zemcov vom Caltech und seine Kollegen im Rahmen des „Cosmic Infrared Background Experiments“ CIBER die räumlichen Fluktuationen der Strahlung bei Wellenlängen von 1,1 und 1,6 Mikrometern untersucht. CIBER ist eine wiederverwendbare Nutzlast für ballistische Raketen, die eine Weitwinkelkamera und zwei Spektrometer enthält. Die ausgewerteten Messungen von zwei Flügen zeigen Schwankungen im Hintergrundlicht, die deutlich größer sind als nach dem ersten Modell zu erwarten: Die Sternentstehungsrate im jungen Kosmos müsste dann so groß sein, dass sie nicht mit dem damals produzierten Anteil an schweren Elementen in Einklang zu bringen ist.
Der dominierende Teil des Hintergrundlichts stammt also, so schließen Zemcov und seine Kollegen, von Sternen im heutigen Kosmos, die ihre Bahnen außerhalb von Galaxien ziehen. Allerdings ist die Menge dieser Sterne, die sich aus den Fluktuationen ergibt, überraschend: Etwa die Hälfte aller Sterne befinden sich demnach nicht innerhalb, sondern außerhalb von Galaxien. Wie das Team betont, könnte diese unerwartete Entdeckung das Baryonen-Problem der Kosmologie lösen. Bislang haben die Astronomen nämlich nur etwa die Hälfte der normalen, baryonischen Materie aufgespürt, die im Kosmos vorhanden sein sollte. Die andere Hälfte könnte, so zeigt sich nun, in streunenden Sternen fernab von Galaxien vorliegen.
Rainer Kayser
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