20.03.2024

Stickstoffbasierte Verbindungen als Hochleistungs-Energiespeichermaterialien

Detonationsgeschwindigkeit und Detonationsdruck sind bis zu dreimal höher als bei TNT.

Materialien mit hoher Energiedichte – englisch: High Energy Density Materials, kurz HEDMs – sind aufgrund ihrer überlegenen energetischen Leistung, zu der eine hohe Detonationsgeschwindigkeit, ein hoher Detonationsdruck und eine hohe Energiespeicherkapazität gehören, für verschiedene Anwendungen von zentraler Bedeutung. Ihr Einsatz in der Weltraumforschung als Raketentreibstoffe und in der Verteidigung als Sprengstoffe ist für die moderne Gesellschaft von entscheidender Bedeutung. Die einzigartigen Eigenschaften dieser Materialien, wie etwa die Fähigkeit, große Energiemengen in einem relativ kleinen Volumen zu speichern, machen sie für den technologischen Fortschritt in Bereichen unverzichtbar, in denen hohe Leistungen und kompakte Energiespeicherlösungen erforderlich sind.

 

Abb.: Andrey Aslandukov in der Experimentierkabine der...
Abb.: Andrey Aslandukov in der Experimentierkabine der Synchrotronstrahlungsanlage.
Quelle: U. Bayreuth

Stickstoffhaltige Verbindungen gehören zu den effektivsten Möglichkeiten für HEDMs. Die Fähigkeit des Stickstoffs, verschiedene stabile und energetisch günstige Bindungen unterschiedlicher Ordnung - einfaches N-N, doppeltes N=N oder dreifaches N≡N - zu bilden, ermöglicht die Synthese einer breiten Palette von Verbindungen mit maßgeschneiderten Eigenschaften. Stickstoffhaltige Materialien sind in der Lage, bei der Zersetzung oder Verbrennung – wenn Einfachbindungen durch Dreifachbindungen ersetzt werden – eine enorme Menge an Energie freizusetzen, was sie als Treibstoff und Sprengstoff sehr effektiv macht. Bei der Zersetzung von stickstoffhaltigen Verbindungen entsteht häufig Stickstoffgas, ein stabiles, inertes und umweltfreundliches Produkt.

Für die Beherrschung von HEDMs ist das Molekulargewicht ein sehr wichtiger Parameter: Je leichter die Elemente sind, die einen Festkörper bilden, desto höher ist die gravimetrische Energiedichte der Verbindung. Da Scandium das leichteste Übergangsmetall ist, sind seine Polynitride – Verbindungen mit zahlreichen einfach gebundenen Stickstoffatomen – als HEDMs besonders vielversprechend, wie in vielen Berechnungsstudien vorhergesagt wurde. Bislang waren Scandium-Polynitride jedoch unbekannt.

Abb.: Detonationsdruck der synthetisierten Hochdruck-Scandium-Polynitride und...
Abb.: Detonationsdruck der synthetisierten Hochdruck-Scandium-Polynitride und ihre charakteristischen Oligo- und Poly-Stickstoff-Struktureinheiten, die für die Eigenschaft der Verbindungen mit hoher Energiedichte verantwortlich sind.
Quelle: U. Bayreuth

Forscher der Uni Bayreuth berichten jetzt über vier neuartige Scandiumnitride, Sc2N6, Sc2N8, ScN5 und Sc4N3. „Die beiden neuartigen verketteten Stickstoffeinheiten N66- und N86-, die in dieser Studie entstanden sind, erweitern die Liste der anionischen Stickstoffoligomere erheblich und leisten einen bemerkenswerten Beitrag zum grundlegenden Verständnis der Stickstoffchemie unter hohem Druck", sagt Andrey Aslandukov von der Uni Bayreuth.

„Die synthetisierten Sc2N6-, Sc2N8- und ScN5-Feststoffe sind vielversprechende Materialien mit hoher Energiedichte, deren berechnete volumetrische Energiedichte, Detonationsgeschwindigkeit und Detonationsdruck bis zu dreimal höher sind als die des herkömmlichen Sprengstoffs Trinitrotoluol. Die Hochdruckchemie zeigt die Existenz und Vielfalt von Polynitriden und eröffnet Perspektiven für ihre Anwendungen in Wissenschaft und Technik“, ergänzt Leonid Dubovinsky von der Uni Bayreuth.

U. Bayreuth / RK

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