19.12.2008

Stimulierte Ramanstreuung verfolgt Moleküle

Biologische Substanzen können ohne Fluoreszenz-Marker auf ihrem Weg in lebende Zellen beobachtet werden

Biologische Substanzen können ohne Fluoreszenz-Marker auf ihrem Weg in lebende Zellen beobachtet werden

Cambridge (USA) – Ein fluoreszierendes Quallenprotein ist heute der leuchtende Star bei mikrobiologischen Analysen. Angedockt an medizinische Wirkstoffe oder Erbgutmoleküle sendet es - optisch angeregt - grünes Licht aus und ist der wichtigste Marker bei der Beobachtung biologischer Prozesse in lebenden Organismen. Mit einer neuen Spektroskopiemethode könnte jedoch in Zukunft auf das grün fluoreszierende Protein (GFP) verzichtet werden. Erste Erfolge mit der Stimulierten Raman-Streuung (SRS) erzielten nun amerikanische Wissenschaftler und präsentieren diese in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Science".

Abb.: Neuronen im Gewebe von Mäusegehirn, aufgenommen mit Stimulierter Ramanstreuung (Bild: Science/AAAS)

"Wir konnten mit dieser Technologie Fette in lebenden Zellen und die Diffusion von Arzneien in Gewebe beobachten", sagt X. Sunney Xie von der Harvard University in Cambridge. Die Grundlage dazu bildet die Vibrationssignatur der chemischen Bindungen einzelner Moleküle nach der Absorption von Infrarot-Lichtwellen. Vor 80 Jahren konnte Chandrasekhara Raman  diese inelastische Streuung von Licht erstmals nachweisen und wurde daher zum Namenspatron dieser Wechselwirkung zwischen Licht und Materie.

Die klassische Raman-Streuung, bei der ein einziger Laserstrahl zur Aussendung des frequenzverschobenen Streulichts führt, ist für genaue bildgebende Verfahren in der Mikrobiologie wegen zu geringer Effizienz allerdings kaum geeignet. Daher erweiterten Xie und Kollegen diese Spektroskopie-Methode mit einem zweiten Laserstrahl. Weicht dessen Frequenz genau um die molekulare Schwingungsfrequenz einer ausgewählten Molekülbindung, der Raman-Verschiebung, ab, wird das Streusignal deutlich verstärkt. Über diesen Resonanzeffekt der Stimulierten Raman-Streuung ließen sich die Bewegungen der Biomoleküle in Echtzeit und über alle drei Raumdimensionen beobachten.

Für eine erste Anwendung der SRS-Methode beobachteten die Wissenschaftler die Bewegung von Omega-3-Fettsäuren, die in der Petrischale von lebenden Lungenkrebszellen aufgenommen wurden. Die Frequenzen der beiden Laserstrahlen passten sie dabei in einem modifizierten Rasterlasermikroskop an die Schwingungsfrequenz der in den Fettsäuren enthaltenen Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindungen (3015 cm -1 ) an. Nach der zeitlich genau synchronisierten, resonanten optischen Anregung der C-C-Doppelbindung fingen sie die gestreuten Lichtpulse mit einer Photodiode auf und analysierten Intensität und Frequenzspektrum. Nach einer Auswertung der Daten erhielten sich Aufnahmen der Zellen, in denen winzige Tropfen aus den Omega-3-Fettsäuren kontrastreich mit einer Auflösung von einem Mikrometer und teilweise besser sichtbar waren.

Ähnliche Versuche mit Wirkstoffen zur Behandlung von Hautkrankheiten (Dimethylsulfoxid, Retinoinsäure) zeigten, dass mit SRS auch diese Substanzen auf ihren Weg in Hautzellen hinein in Echtzeit beobachtet werden konnten. Neben der Analyse der Wirkstoffaufnahme in lebende Organismen könnten laut Aussage der Forscher nun auch der Stoffwechsel auf molekularer Ebene und Vorgänge im Hirn ohne den Einsatz von Fluoreszenzmarkern untersucht werden. In erster Linie werden Molekularbiologen von der Stimulierten Raman-Streuung profitieren, da sich so ein störender Einfluss der bisher angedockten Fluoreszenzproteine auf die Bewegung der Biomoleküle vermeiden lässt.

Jan Oliver Löfken

Weitere Infos: 


Weiterführende Literatur:

  • C. V. Raman, K. S. Krishnan, Nature 121, 711 (1928)
  • D. Levenson, S. S. Kano, Introduction to Nonlinear Laser Spectroscopy (Academic Press, San Diego, 1988).
  • C. Heinrich et al., Opt. Exp. 16, 2699 (2008).

 AL

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