Strom aus Körperwärme
Flexibles Minikraftwerk auf der Haut soll tragbare Elektronik mit Strom versorgen.
Elektronische Geräte kommen uns immer näher – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Vor allem für medizinische Anwendungen werden Sensoren entwickelt, die etwa in Form von Pflastern direkt auf der Haut getragen werden können, um Vitalfunktionen wie Puls und Körpertemperatur zu überwachen. Und selbst Kontaktlinsen werden bereits mit aktiven elektronischen Elementen ausgestattet, um den Zustand der Augen von Patienten zu beobachten. Die Energieversorgung geschieht dabei zumeist über integrierte Batterien oder externe Sender, die über Wechselfelder Energie an das Gerät übertragen.
Abb.: Durch die spiralförmige Geometrie lassen sich die thermoelektrischen Elemente entlang des Temperaturgradientens ausrichten. (Bild: K. Nan et al. / AAAS)
Die Forschergruppe um John A. Rogers an der Northwestern University in Evanston verfolgt einen anderen Ansatz. Sie nutzen den Unterschied zwischen Körper- und Umgebungstemperatur, um mithilfe des Seebeck-Effekts direkt auf der Haut elektrischen Strom zu erzeugen. Dabei kommt ihnen entgegen, dass einfache Sensoren bereits mit einem Nanowatt oder weniger betrieben werden können. Eine der größten Herausforderungen bei der Nutzung des Temperaturgradienten besteht darin, die thermoelektrischen Elemente räumlich optimal zur Richtung des Wärmeflusses zu orientieren. Schließlich soll das gesamte Gerät flach in Form einer dünnen Folie auf der Haut liegen, während die Wärme senkrecht dazu durch die Fläche strömt. Bisherige Entwicklungen dünner, thermoelektrischer Generatoren nutzen dagegen zumeist einen Gradienten entlang der Fläche aus.
Um diesem Problem beizukommen, haben Rogers uns sein Team eine Methode entwickelt, um zunächst zweidimensionale, thermoelektrische Elemente nachträglich zu dreidimensionalen Spiralen aufzufalten. Dadurch drehen sich die Elemente aus der Ebene der Folie heraus und richten sich zumindest teilweise entlang des Temperaturgradienten aus. Zusätzlich gibt die Spiralform dem System die nötige Flexibilität, um sich den Körperformen und auch Bewegungen anzupassen. Dadurch wird ein ständiger Kontakt mit der Wärmequelle ermöglicht.
Als aktive Medien kamen Bänder aus p- beziehungsweise n-dotiertem, einkristallinem Silizium zum Einsatz. Dabei wurden zunächst serpentinenförmige Bänder, in denen sich die beiden Materialien abwechseln, auf ein flaches, vorgespanntes Elastomer gelegt und in regelmäßigen Abständen fix mit dem Substrat verbunden. Bei der anschließenden Entspannung des Substrats richteten sich die Serpentinenbahnen zwischen den Fixierungen auf und bildeten schließlich die dreidimensionalen Spiralen. Von jedem Fixierungspunkt aus ragten dann ein p- und ein n-Band nach oben, die am obersten Punkt wiederum mit einem Band des jeweils anderen Materials der benachbarten Schleife verbunden waren. Eine Beschichtung aus einem weiteren Polymer gab der so entstandenen Serienschaltung einzelner Seebeckschleifen die nötige mechanische Stabilität.
Zur Demonstration klebten die Forscher die fertigen, thermoelektrischen Elemente an Handgelenk beziehungsweise Knöchel einer Versuchsperson. Darüber hinaus führten Sie Belastungstest durch, bei denen die Strukturen hunderte Zyklen von bis zu sechzigprozentiger Dehnung entlang der Ebene des Substrats nahezu unbeschadet überstanden. Auch ein wiederholtes Zusammendrücken der Spiralen um bis zu dreißig Prozent senkrecht zu ihrer Achse verursachte nur minimale Verschlechterungen ihrer elektrischen Eigenschaften.
Eine Anordnung von acht Spiralen mit jeweils acht Schleifen auf einer Gesamtfläche von etwa einem Quadratzentimeter lieferte im Experiment bei geöffnetem Schaltkreis eine Spannung von 51,3 Millivolt. Dabei betrug der Temperaturunterschied zwischen der Wärmequelle und der Umgebung 19 Kelvin, was einem geschätzten Abfall der Temperatur entlang der einzelnen Elemente von 6,2 Kelvin entspricht, basierend auf der Annahme, dass diese eine Thermospannung von 65 Mikrovolt pro Kelvin liefern. Diese Spannung bei offenem Stromkreis war über die Zeit stabil, was darauf hinweist, dass sich die gesamte Anordnung im Gleichgewichtszustand befand. Die maximale Leistung des Systems betrug ungefähr zwei Nanowatt, was bereits für den Betrieb einiger hoch entwickelter Miniaturgeräte ausreicht.
Bei einem dieser Geräte, auf die sich Rogers und seine Kollegen beziehen, handelt es ich um einen kombinierten Biosensor und Radiotransmitter, der bereits 2012 vorgestellt wurde. Er bezog seine Energie aus dem elektrochemischen Potenzial des Innenohres und maß damit eben dieses Potenzial, bevor er die Daten per 2,4 Gigahertz-Radiosignal übertrug. Abgesehen von solchen Spezialfällen ist das thermoelektrische Element von Rogers allerdings für die meisten Anwendungen noch zu schwach und muss, wie die Forscher selbst einräumen, noch weiter optimiert werden.
Thomas Brandstetter
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