31.03.2015

Strom lässt strömen

Fluidstrom in Kapillaren lässt sich durch elektrische Felder per Zeta-Potenzial beeinflussen.

Wer eine herkömmliche Pumpe benutzt, um eine Flüssigkeit oder ein Gas durch eine extrem dünne Kapillare hindurch zu bewegen, stößt schnell an seine Grenzen: Je dünner die Kapillare, desto höher der benötigte Druck. Der Energie­aufwand für feinste Kapillaren wäre immens. Stattdessen machen sich Experten einen Kniff zu Nutze: Ersetzt man die Pumpe durch ein parallel zur Kapillare angelegtes elektrisches Feld, ist es möglich, mit geringem Aufwand einen sogenannten elektro­osmotischen Fluss zu erzeugen. Er beruht auf einer Doppelschicht aus Ionen, die sich an der Innenwand der Kapillare ausbildet. Die in der Kapillare enthaltene Flüssig­keit bzw. das enthaltene Gas ist dann nicht mehr elektrisch neutral und kann durch ein elektrisches Feld bewegt werden.

Abb.: Schematische Darstellung eines Fluidstroms an einer hydro­phoben Oberfläche. An der Oberfläche angelagerte Ionen können den Fluidstrom in Wandnähe zusätzlich beschleunigen oder auch abbremsen. (Bild: O. Vinogradova)

Im Jahr 1909 gelang es dem polnischen Physiker Marian Smoluchowski, die Strömungs­geschwindigkeit in einem solchen Aufbau zu beschreiben. Jetzt, gut 100 Jahre später, wird deutlich, dass die Smoluchowski-Gleichung nur für ganz spezielle Bedingungen eine exakte Vorhersage treffen kann: Für hydrophile Kapillar­wände, bei denen der Kontaktwinkel gegenüber Wasser kleiner als 90 Grad ist.

Ganz andere Bedingungen herrschen an hydro­phoben Oberflächen, an die sich aber ebenfalls Ionen anlagern können. Olga Vinogradova erklärt: „Um auch hier genaue Berechnungen zu ermöglichen, haben wir die Gleichung angepasst. Zwei Phänomene spielten dabei eine Rolle: Das war einerseits eine Gleit­bewegung (‚Slippage‘), welche die Geschwindigkeit der Fluid­ströme deutlich erhöht. Andererseits wollten wir das Verhalten von an die Kapillarwand angelagerten Ionen berück­sichtigen. Versetzt das elektrische Feld auch diese Ionen in Bewegung, können sie den Fluidstrom in Wandnähe zusätzlich beschleunigen oder auch abbremsen. Unsere theoretischen Überlegungen haben wir anschließend durch Simulations­experimente belegen können.“

Hauptakteur in der Smoluchowski-Gleichung ist das sogenannte Zeta-Potenzial. Dieser Parameter spiegelt die elektro­kinetische Mobilität eines Partikels wieder. Je höher das Zeta-Potenzial, desto schneller bewegt sich ein Partikel oder ein Fluid in einem elektrischen Feld. Für hydrophobe Oberflächen schlägt Olga Vinogradova eine angepasste Inter­pretation des Zeta-Potenzials vor, die neben der Beweglichkeit von Ober­flächen­ladungen auch den erwähnten Gleiteffekt einbezieht.

Das Zeta-Potenzial spielt in vielen technologischen und wissenschaftlichen Bereichen eine Rolle, beispielsweise in der Medizin, der Abwasser­behandlung und der Boden­reinigung. Darüber hinaus ist es wichtig für mikro- und nanofluidische Anwendungen. Ein Beispiel ist die Mini­diagnostik in Form von Chip-Laboren, wie sie heutzutage bereits für den Nachweis und die Trennung von Biomolekülen genutzt werden.

DWI / DE

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