27.05.2020

Stromleitung nur an den Kanten

Wolframditellurid zeigt typische Eigenschaften eines topologischen Isolators zweiter Ordnung.

Topologische Isolatoren stehen im Fokus des Forschungsinteresses, weil sie als mögliche Supraleiter in der Elektronik der Zukunft zum Einsatz kommen könnten. Sie verhalten sich in ihrem Inneren wie Isolatoren. Die Ränder dagegen haben metallische Eigenschaften und sind elektrisch leitend. Ein drei­dimensionaler Kristall eines topologischen Isolators leitet den Strom also nur an seiner Oberfläche, während im Inneren kein Strom fließen kann. Dabei ist die Leitfähigkeit an der Oberfläche aufgrund quanten­mechanischer Phänomenen nahezu verlustfrei – der Strom wird über lange Strecken ohne Wärmebildung geleitet.
 

Abb.: Schematische Darstellung des Versuchsaufbau: Zwischen zwei Kontakten...
Abb.: Schematische Darstellung des Versuchsaufbau: Zwischen zwei Kontakten (silber) befindet sich eine atomar dünne Schicht Wolfram­ditellurid. Der Stromfluss in dem Material erfolgt nur an den Außen­kanten in sehr schmalen Kanälen. (Bild: U. Basel)

Daneben existieren auch topologische Zustände zweiter Ordnung. Das sind dreidimensionale Kristalle, die leitende, eindimensionale Kanäle nur an ausgewählten Kristall­kanten besitzen. Diese bieten sich insbesondere für mögliche Anwendungen im Bereich des Quanten­computing an. Für das Halbmetall Wismut nehmen Fachleute an, dass es Eigenschaften eines topologischen Materials zweiter Ordnung besitzt. Und auch für ein weiteres Halbmetall, Wolframditellurid, haben Forscher theoretisch vorhergesagt, dass sich atomar dünne Wolfram­ditellurid-Schichten wie topologische Isolatoren zweiter Ordnung verhalten – also an den Kanten verlustfrei Strom leiten, während der Rest der Schicht sich wie ein Isolator verhält.

Das Team um Christian Schönenberger vom Departement Physik und dem Swiss Nanoscience Institute der Universität Basel hat nun winzige Wolframditellurid-Kristalle bestehend aus einer bis zwanzig Schichten untersucht. Um das sauerstoff­empfindliche Material elektrisch zu charakterisieren, arbeiteten die Wissenschaftler in einer speziellen sauerstoffarmen Box und bedeckten das Wolfram­ditellurid mit einem anderen Kristall, das gegenüber Sauerstoff unempfindlich ist. Sie fügten supraleitende Kontakte hinzu und legten ein Magnetfeld an.

Die Wissenschaftler analysierten den Stromfluss im Kristall und konnten viele langsam abklingende Schwingungen nachweisen. „Während eine gleichmäßige Strom­verteilung zu schnell abklingenden Schwingungen führt, erzeugen die extrem gut leitenden Rand­zustände stark oszillierende, langsam abklingende Schwingungen, wie wir sie gemessen haben“, erklärt Artem Kononov, Erstautor der Studie und Georg H. Endress Stipendiant am Departement Physik. „Die einzig mögliche Erklärung unserer Ergebnisse ist, dass ein großer Teil des Stroms entlang der schmalen Kanten fließt.“

„Die Beobachtungen unterstützen die theoretischen Vorhersagen, dass Wolfram­ditellurid ein topologisches Material höherer Ordnung sei. Es ergeben sich damit neue Möglichkeiten für die topologische Supraleitung, die beispielsweise im Quanten­computing eingesetzt werden könnte“, kommentiert Christian Schönenberger, der in einem ERC-Projekt die topologischen Supra­leitung in Stapeln bestimmter zweidimensionaler Materialien untersucht. 

U. Basel / DE
 

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