Stromlos messen
Physik Journal - Piezokeramiken machen es möglich, dass passive Vibrationssensoren ohne Stromversorgung auskommen.
Physik Journal - Piezokeramiken machen es möglich, dass passive Vibrationssensoren ohne Stromversorgung auskommen.
Ganz ohne Stromversorgung über Kabel oder Batterie kommt eine neue Generation von passiven Sensoren aus, die Siemens-Forscher in München entwickelt haben. Mit diesen Messfühlern wollen die Entwickler um Daniel Evers kontaktlos den Zustand von Zugrädern oder Turbinenschaufeln kontrollieren. Vergleichbar mit dem Prinzip des Doppler-Radars reflektieren die Sensoren ein Funksignal einer Basisstation. Je nach Zustand der Räder ändert sich dieses Signal, das im bis zu zehn Meter entfernten Lesegerät empfangen und ausgewertet werden kann.
Dieser passive Sensor überträgt Schallwellen ganz ohne eigene Stromversorgung. (Quelle: Siemens)
Die Basisstation sendet dazu kontinuierlich Mikrowellen der Frequenz 2,5 Gigahertz aus, die von dem Sensor, einer Kombination aus einem Wandler und einer Antenne, aufgefangen werden. Die Messung selbst wird mithilfe des Wandlers ausgeführt, der aus einer rund drei Millimeter dicken, pfenniggroßen Piezokeramik besteht. Diese reagiert auf Schallwellen im hörbaren und Ultraschall-Bereich. Weist ein Laufrad nun einen Schaden auf, kommt es zu rhythmischen Vibrationen oder Schlägen. Treffen die dabei erzeugten Schallwellen auf die Piezokeramik, entstehen im gleichen Rhythmus Strompulse zwischen 10 und 100 Millivolt, die nun die Phase der eingestrahlten Mikrowellen verändern. Mit dieser „Phasenverschiebung“ wird die Welle wieder reflektiert, sodass das Signal den Rhythmus der Vibrationen des Rades widerspiegelt und diese Information nach dem Empfang durch das Lesegerät wieder preisgibt.
Laut Evers eignen sich auf dem Markt verfügbare Standardkomponenten für solche stromlosen Sensoren, sodass eine günstige Herstellung möglich ist. Das Know-how liege vor allem im Übergang zwischen erzeugtem Spannungspuls und der Phasenmodulation der einfallenden Mikrowellen. Inzwischen arbeiten die Siemens-Forscher bereits an der nächsten Sensorgeneration, einem passiven Temperatursensor. In diesem soll die einfallende Mikrowelle auf einem Sensorbauteil eine akustische Welle erzeugen. Je nach Temperatur dehnt sich dieses Bauteil mehr oder weniger aus, was die Laufzeit der akustischen Welle beeinflusst. So verändert kann abermals eine ebenfalls modulierte Mikrowelle reflektiert werden, die im entfernten Lesegerät nach einer Eichung eine Temperatur-Messung ermöglicht. Über einen weiten Messbereich von Minusgraden bis zu 300 °C soll so eine Genauigkeit von einem Zehntel Grad möglich sein.
Jan Oliver Löfken
Quelle: Physik Journal, Dezember 2004