07.06.2017

Strommessung im Nano-Ampere-Bereich

Kryo-Stromkomparator arbeitet zerstörungsfrei und stört keine Messung. 

Teilchen­beschleuniger, wie der Large Hadron Collider LHC am Euro­päischen Teilchen­physikz­entrum CERN kata­pultieren geladene Teilchen auf extreme Geschwindig­keiten und lassen sie in gezielten Kolli­sionen aufeinander los. Treffen die winzigen Geschosse mit nahezu Licht­geschwindigkeit aufeinander, entstehen andere Elementar­teilchen, anhand derer sich grund­legende Fragen zum Aufbau von Materie und nicht zuletzt des Uni­versums erforschen lassen.

Abb.: Ingenieur Ralf Neubert von der FSU Jena arbeitet an dem hochempfindlichen Kryo-Stromkomparator, der noch in diesem Jahr in der Teilchenbeschleunigeranlage FAIR in Darmstadt zum Einsatz kommen soll. (Bild: J.-P. Kasper / FSU)

„Solche winzigen und nur in geringer Zahl vor­kommenden Teilchen zu detek­tieren, erfordert aller­dings hoch­präzise Mess­technik“, sagt Frank Schmidl von der Friedrich-Schiller-Uni­versität Jena. Der Physiker und sein Team vom Institut für Festkörper­physik haben gemeinsam mit Kollegen des Helm­holtz-Instituts Jena (HIJ), des Leibniz-Instituts für Photo­nische Techno­logien Jena (IPHT), der GSI und Wirtschafts­partnern einen solch hoch­empfindlichen Sensor zur Strahl­strom­diagnostik entwickelt, mit dem sich extrem kleine elek­trische Ströme und damit Elementar­teilchen, wie Ionen, Protonen oder Anti-Protonen, zerstörungs­frei und berührungs­los messen lassen.

Ein Vorläufer des Jenaer Mess­systems ist bereits seit 2015 am CERN in Betrieb. Ein größerer Nach­folger ist jetzt an die im Aufbau befindliche inter­nationale Teilchen­beschleuniger­anlage FAIR (Facility for Antiproton and Ion Research) der GSI in Darm­stadt übergeben worden und soll noch in diesem Jahr vor Ort in Betrieb gehen. Die Grund­lagen der Jenaer Entw­icklung beschreibt Schmidl: „Jedes geladene Teilchen, das sich bewegt, erzeugt ein Magnet­feld und dieses Feld lässt sich messen.“ Soweit so unspek­takulär. „Im Falle einzelner oder nur in geringer Zahl vor­handener Elementar­teilchen sind jedoch die indu­zierten Magnet­felder äußerst gering“, macht der Jenaer Physiker deutlich. Um diese extrem winzigen Än­derungen des Magnet­felds im Beschleuniger aufzu­spüren, die durch einzelne Teilchen verursacht werden, muss der ent­sprechende Sensor Ströme im Nano-Ampere-Bereich messen können.

Dass ihr Kryo-Strom­komparator dies zuver­lässig gewähr­leistet, haben die Jenaer Physiker kürzlich bei der Über­gabe ihres Mess­systems an die GSI demons­triert. Herzstück des in der instituts­eigenen Werkstatt entwickelten und gebauten Mess­gerätes ist ein Quanten­inter­ferometer – ein Ring von etwa 35 Zenti­metern Durch­messer aus supra­leitendem Niob, kombi­niert mit einer ebenfalls supra­leitenden Abschirmung. „Damit halten wir störende magne­tische Hinter­grundfelder ab, die die winzigen Änderungen im Magnet­feld, die wir messen wollen, ansonsten über­lagern“, erläutert Volker Tympel vom HIJ.

Während seines Einsatzes steckt der Strom­komparator in einem manns­hohen Metall­behälter. Um das Schwer­metall Niob in den Zustand der Supra­leitung zu versetzen, muss es auf 4,2 Kelvin abge­kühlt werden. Mehrere Hundert Liter flüssiges Helium sind für jede einzelne Messung not­wendig, um den Sensor auf Betriebs­temperatur zu frosten. Neben der hohen Empfind­lichkeit hat die Jenaer Inno­vation einen weiteren Vorteil, der sie weltweit einzig­artig macht. „Unser Kryo-Strom­komparator arbeitet zerstörungs­frei, das heißt für die Messung greift er nicht in den Teilchen­strom ein“, verdeutlicht Tympel. Dies mache das Mess­system ins­besondere für den Einsatz zur Messung von Anti-Teilchen, wie Anti-Protonen interes­sant, wie sie in Darmstadt geplant sind. „Deren Erzeugung ist überaus auf­wendig und die Ausbeuten gering, was eine empfind­liche und die Strahl­stärke nicht beein­flussende Mess­technik erforder­lich macht.“

FSU Jena / JOL

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