Stromspeicher für den Kompost
Biologisch abbaubarer Superkondensator aus dem 3D-Drucker.
Die Anzahl der Daten sendenden Mikrogeräte, etwa bei Verpackungen und Transportlogistik, wird in Zukunft stark zunehmen. All diese Geräte brauchen Energie, doch die dafür notwendige Menge an Batterien würde die Umwelt enorm belasten. Forscher von der schweizerischen Materialforschungsanstalt Empa haben einen kompostierbaren Mini-Kondensator entwickelt, der das Problem lösen kann. Er besteht lediglich aus Kohlenstoff, Zellulose, Glycerin und Kochsalz – und er funktioniert zuverlässig.
Die Fabrikationsanlage für die Batterie-Revolution sieht recht harmlos aus: Es ist ein modifizierter, handelsüblicher 3D-Drucker, der in einem Raum im Empa Laborgebäude steht. Die eigentliche Innovation liegt im Rezept für die gelatinösen Tinten, die dieser Drucker auf eine Oberfläche spritzen kann. Die Mixtur, um die es dabei geht, besteht aus Zellulose-Nanofasern und Zellulose-Nanokristalliten, dazu kommt Kohlenstoff in Form von Ruß, Graphit und Aktivkohle. Um all dies zu verflüssigen, benutzen die Forscher Glycerin, Wasser und zwei verschiedene Sorten Alkohol. Dazu eine Prise Kochsalz für die ionische Leitfähigkeit. Um aus diesen Zutaten einen funktionierenden Superkondensator zu bauen, braucht es vier Schichten, die alle nacheinander aus dem 3D-Drucker fließen: eine flexible Folie, eine stromleitende Schicht, dann die Elektrode und zum Schluss der Elektrolyt. Das Ganze wird dann wie ein Sandwich zusammengefaltet, mit dem Elektrolyten in der Mitte.
Der Mini-Kondensator kann über Stunden Strom speichern und schon jetzt eine kleine Digitaluhr antreiben. Er übersteht tausende Lade- und Entladezyklen und voraussichtlich auch jahrelange Lagerung, selbst bei frostigen Temperaturen. Außerdem ist der Kondensator ist resistent gegen Druck und Erschütterung. Wenn man ihn nicht mehr braucht, kann man ihn in den Kompost werfen oder einfach in der Natur zurücklassen. Nach zwei Monaten ist der Kondensator in seine Bestandteile zerfallen, nur ein paar sichtbare Kohlepartikel bleiben von ihm übrig.
„Das klingt recht einfach, das war es aber ganz und gar nicht“, sagt Xavier Aeby von der Empa-Abteilung „Cellulose & Wood Materials“. Lange Versuchsreihen seien nötig gewesen, bis alle Parameter stimmten, bis alle Komponenten zuverlässig aus dem Drucker flossen und der Kondensator schließlich funktionierte. „Als Forscher wollen wir ja nicht nur herumprobieren, sondern auch verstehen, was im Inneren unserer Materialien geschieht“, sagt Aeby. Gemeinsam mit seinem Chef Gustav Nyström hat er das Konzept des bioabbaubaren Stromspeichers entwickelt und umgesetzt. „Das Projekt eines kompostierbaren Stromspeichers lag mir schon lange am Herzen“, so Nyström.
Der Superkondensator könnte bald zu einem Schlüsselbaustein für das Internet der Dinge werden, erwarten Nyström und Aeby. „In Zukunft könnte man solche Kondensatoren etwa mit Hilfe eines elektromagnetischen Feldes kurz aufladen, dann würden sie über Stunden Strom für einen Sensor oder Mikrosender liefern.“ So könnte man zum Beispiel den Inhalt einzelner Pakete während des Versandwegs überprüfen. Auch die Stromversorgung von Sensoren im Umwelt-Monitoring oder in der Landwirtschaft ist denkbar – man muss diese Batterien nicht wieder einsammeln, sondern könnte sie nach verrichteter Arbeit einfach in der Natur belassen.
Zur wachsenden Zahl elektronischer Kleinstgeräte wird auch die patientennahe Labordiagnostik beitragen, die derzeit boomt. Kleine Testgeräte für den Einsatz am Krankenbett oder Selbsttestgeräte für Diabetiker zählen etwa dazu. Auch für solche Anwendungen könnte sich der kompostierbare Zellulose-Kondensator gut eignen, ist Gustav Nyström überzeugt.
Empa / JOL