Strukturfarben aus dem 3D-Drucker
Neues Verfahren für farbige und komplexe dreidimensionale Objekte.
Je nach Lichteinfall schillern Tiere oder Edelsteine in verschiedenen Regenbogenfarben. Solche Strukturfarben verblassen nicht und sind ungiftig. Bisher konnten solche Farben künstlich nur als dünner Film hergestellt werden. Lukas Siegwardt und Markus Gallei von der Universität des Saarlandes haben nun ein Verfahren gefunden, wie sie dreidimensionale komplexe Objekte drucken können, die brillante Strukturfarben zeigen.
Markus Gallei und Lukas Siegwardt haben perfekte Partikel hergestellt, deren harter Kern von einer weichen Schale umgeben ist. „Perfekte Partikel“ bezeichnet in diesem Fall Teilchen, die allesamt identisch groß und geformt sind. Diese Ausgangsmaterialien, die in der Regel aus gängigen Materialien wie Polystyrol oder Ethylacrylaten bestehen, haben die Forscher nun so verändert, dass sie auch im 3D-Drucker verarbeitet werden können. Das war bisher nicht möglich. Seit 2001 können solche Farben zwar künstlich hergestellt werden, allerdings nur als sehr dünner Film, der Bruchteile eines Millimeters dick ist. „Dabei wird das Material mittels Industriepressen oder Folienwalzanlagen verarbeitet. Daraus wird dann ein buntes Material, das seine Farbe verändern kann“, erklärt Gallei.
Man kann daran ziehen, Strom anlegen, die Temperatur verändern, den pH-Wert und viele weitere Parameter beeinflussen, die allesamt dazu führen, dass die Farbe sich ändert. „Man kann das Material beliebig schalten“, sagt Gallei. Solche Farben haben zwei große Vorteile: Sie sind zum einen völlig unschädlich im Gegensatz zu vielen anderen Farben. Und sie bleichen niemals aus. Hinzu kommt ihre schier unendliche Wandlungsfähigkeit, die bisher nur dadurch begrenzt wurde, dass sie als hauchdünner Film hergestellt werden konnten. Nun hingegen wären 3D-Objekte aus solchen Materialien als vielfältig einsetzbare Sensoren für allerlei Messmethoden oder als Fälschungsschutz für Waren denkbar. Man kann die Partikel so herstellen, dass sie jede denkbare Eigenschaft besitzen und ebenfalls leicht in Form zu bringen sind.
Lukas Siegwardt demonstriert die Wandlungsfähigkeit des Stoffes, indem er an einem ausgedruckten, etwa fünf Zentimeter langen Prüfling zieht. Die vormals rote Farbe des Objekts verändert sich immer mehr ins Blaue, je mehr der Doktorand daran zieht. „Damit habe ich schon einen einfachen Sensor, der auf Zug- und Druckkräfte reagiert“, erklärt er. „Diese perfekten Partikel ordnen sich während des Druckens in einem regelmäßigen Muster an, welche dann unterschiedliche Farben haben, je nachdem, wie die Abstände zwischen den Partikeln sind“, sagt Gallei. Die weichen Schalen der einzelnen Partikel zerfließen zu einer fließfähigen Masse, welche die harten Kerne umgibt. Zieht man an einem Objekt, verändert man die Abstände zwischen den einzelnen Kern-Partikeln, und die Farbe ändert sich. Die harten, perfekten Partikel bewegen sich in dem weichen umgebenden Medium und ordnen sich zu einem neuen Muster an. „Man quetscht quasi den Honig zwischen den einzelnen Kügelchen raus“, erklärt Gallei. So verändern sich die Partikelabstände und damit auch die Farbwiedergabe.
Um ein solches Material auch für einen 3D-Druck aufzubereiten, war eine Menge Laborarbeit nötig. „Ich habe das Material so verändert, dass es sich drucken lässt. Ich habe Monate gebraucht, bis ich die richtige Zusammensetzung gefunden habe“, sagt Siegwardt. Zum einen musste er die Fließeigenschaften des pulvrigen Ausgangsstoffes so verändern, dass sie die Düsen des Druckers nicht verstopften. „Zweiter Punkt waren die thermischen Eigenschaften. Beim Pressen muss das Ausgangsmaterial etwa 120 Grad Celsius verkraften. Beim 3D-Druck fallen aber Temperaturen von 140 bis teilweise 200 Grad Celsius an“, erklärt er. „Viele Materialien sind mir im Laufe der Monate kaputtgegangen“, erinnert er sich.
U. Saarland / JOL