Super-Starburst in junger Galaxie
Im Zentralbereich einer 12,8 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie entstehen auf engstem Raum pro Jahr Sterne mit einer Gesamtmasse von fast 2000 Sonnen
Im Zentralbereich einer 12,8 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie entstehen auf engstem Raum pro Jahr Sterne mit einer Gesamtmasse von fast 2000 Sonnen. Das zeigen Beobachtungen mit dem Radiointerferometer IRAM in den französischen Alpen, über die ein internationales Forscherteam jetzt in "Nature" berichtet. Die Astronomen sehen in ihrer Entdeckung ein Indiz dafür, dass die Sternentstehung in jungen Galaxien ihren Anfang in solchen kleinen Regionen in den Galaxienkernen nimmt.
Abb.: Die Zentralregion der aktiven Galaxie J1148+5251, aufgenommen mit den Radioteleskopen des Very Large Array. (Quelle: NRAO/AUI/NSF)
"Was wir beobachtet haben, entspricht einer Ansammlung von 100 Millionen Orion-Regionen", sagt Fabian Walter vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg und zieht so einen Vergleich zu einer der bekanntesten Sternentstehungsregionen in unserer Milchstraße. Insgesamt entsteht in der Milchstraße im Mittel gerade einmal ein neuer Stern pro Jahr.
Walter und seine Kollegen aus Deutschland, Frankreich, Italien und den USA haben eine der entferntesten aktiven Galaxien, den Quasar J1148+5251, beobachtet. Der Quasar zeigt eine Rotverschiebung von 6,42, was einer Lichtlaufzeit von 12,8 Milliarden Jahren entspricht. Die Astronomen sehen die ferne Galaxie also auch so, wie sie vor 12,8 Milliarden Jahren aussah, knapp eine Milliarde Jahre nach dem Urknall.
Quasare sind hell leuchtende Galaxienkerne, die durch den Einfall von Materie in supermassive Schwarze Löcher angetrieben werden. Zusätzlich zur gewöhnlichen Quasarstrahlung zeigt J1148+5251 aber noch eine ungewöhnlich hohe Leuchtkraft im Infrarotbereich. Seit langen vermuten die Astronomen, dass die Infrarotstrahlung ihre Ursache in der explosionsartigen Entstehung neuer Sterne, einem so genannten Starburst, hat.
Walter und seine Kollegen konnten nun nicht nur den Nachweis erbringen, dass im Kern von J1148+5251 tatsächlich extrem viele neue Sterne entstehen, sondern sie konnten zudem erstmals die Ausdehnung dieser Starburst-Region messen. Sie durchmisst nur knapp 5000 Lichtjahre und stößt damit an die Grenze des physikalisch möglichen.
Sterne entstehen, wenn sich große Gaswolken unter dem Einfluss ihrer eigenen Schwerkraft zusammenziehen und immer weiter verdichten. Doch die Strahlung der in der Gaswolke entstehenden Sterne heizt das Gas auf und treibt es auseinander. Die Entstehung von Sternen wirkt also dem weiteren Kollaps der Gaswolke entgegen. Daraus ergibt sich eine Obergrenze für die Anzahl der Sterne, die innerhalb eines Raumgebiets entstehen können - und diese Obergrenze erreicht die Starburst-Region in J1148+5251.
Der Super-Starburst zeigt nach Ansicht von Walter und seinen Kollegen, dass solche Regionen die Keimzellen für die Sternenstehung in jungen Galaxien sind. Erst im Verlauf der kosmischen Entwicklung wächst das mit Sternen angefüllte Gebiet durch die Kollision und die Verschmelzung von Galaxien an. Die Beobachtungen von Walter und seinen Kollegen sind daher von großer Bedeutung für die Modellierung der Galaxienentwicklung.
"Das Studium von Galaxien in der Frühphase der kosmischen Entwicklung, rund eine Milliarde Jahre nach dem Urknall, wird in den nächsten Jahren ein zentrales Forschungsgebiet der Astronomie sein", so Walter. "Unsere Messungen eröffnen einen neuen Weg, um die Sternentstehung im jungen Universum zu charakterisieren."
Rainer Kayser
Weitere Infos:
- Originalveröffentlichung:
F. Walter et al., A kiloparsec-scale hyper-starburst in a quasar host less than 1 gigayear after the Big Bang. Nature 457, 699 (2009)
http://dx.doi.org/10.1038/nature07681 - F. Bertoldi et al., Dust emission from the most distant quasars. Astronomy & Astrophysics 406, L55 (2003)
- F. Walter et al., Molecular gas in the host galaxy of a quasar at redshift z=6.42. Nature 424, 406 (2003)
- D. Downes und P. Solomon, Rotating nuclear rings and extreme starbursts in ultraluminous galaxies. Astrophysical Journal 507, 615 (1999)
- B. G. Elmegreen, Galactic bulge formation as a maximum intensity starburst", Astrophysical Journal 517, 103 (1999)
- Max-Planck-Institut für Astronomie:
http://www.mpia.de/ - IRAM:
http://www.iram.fr/
AL