23.08.2021 • Energie

Superkondensator im Nanoformat

Biokompatibler Energiespeicher für den Sensorik-Einsatz in Blutbahnen.

Die Miniaturisierung von mikro­elektronischer Sensorik, mikro­elektronischen Robotern oder intra­vaskulären Implantaten schreitet schnell voran. Eine Herausforderung ist die Entwicklung winziger, aber effizienter Energiespeicher, die den Betrieb autonom arbeitender Mikrosysteme ermöglichen. Darüber hinaus müssen diese Energie­speicher biokompatibel sein, um im Körper eingesetzt werden zu können. Nun gibt es einen ersten Prototyp, der diese wesentlichen Eigenschaften vereint. Der Durchbruch gelang einem inter­nationalen Forschungsteam unter Leitung von Oliver G. Schmidt an der Technischen Universität Chemnitz. Die Forschenden entwickelten den bisher kleinsten Biosuper­kondensator, der bereits in künst­lichen Blutbahnen funktioniert und als Energiequelle für ein winziges Sensor­system zur Messung des pH-Wertes verwendet werden kann.

Abb.: Eine Anordnung von neunzig flexiblen und implan­tierbaren...
Abb.: Eine Anordnung von neunzig flexiblen und implan­tierbaren Nano-Biosuper­konden­satoren für den autarken Betrieb von Mikro­sensorik. (Bild: AG Schmidt, TU Chemnitz / IFW Dresden)

„Es ist äußerst ermutigend zu sehen, wie eine neue, extrem flexible und adaptive Mikro­elektronik in die minia­turisierte Welt der biologischen Systeme vordringt“, sagt Schmidt. In der Regel benutzen diese Super­kondensatoren keine biokom­patiblen Materialien, sondern zum Beispiel korrosive Elektrolyten und entladen sich bei Defekten und Verunreinigungen schnell von selbst. Beide Aspekte machen sie für biomedizinische Anwendungen im Körper ungeeignet. Die neuen Biosuper­kondensatoren sind vollständig bio­kompatibel und können in Körper­flüssigkeiten wie Blut eingesetzt und für weitere medizinische Studien genutzt werden. Zudem können sie das Selbstentladungs­verhalten durch bioelektrochemische Reaktionen kompensieren. Dabei profitieren sie von körper­eigenen Reaktionen. Denn zusätzlich zu typischen Ladungsspeicher­reaktionen eines Super­kondensators steigern Redox-Enzyme und lebende Zellen, die natürlicherweise im Blut vorhanden sind, die Leistung des Bauteils um vierzig Prozent.

Die derzeit kleinsten derartigen Energie­speicher sind größer als drei Kubik­millimeter. Dem Team um Oliver Schmidt ist es nun gelungen, einen 3.000 Mal kleineren röhren­förmigen Biosuper­kondensator herzustellen, der mit einem Volumen von einem Nanoliter weniger Raum als ein Staubkorn einnimmt und dennoch bis zu 1,6 Volt Spannung liefert. Die flexible röhrenförmige Geometrie des Nano-Biosuper­kondensators bietet effizienten Selbst­schutz gegen Deformationen, die durch pulsierendes Blut oder Muskel­kontraktion entstehen. Bei voller Kapazität kann der vorgestellte Stromspeicher ein komplexes voll­integriertes Sensor­system zur Messung des pH-Wertes im Blut betreiben.

Die Forscher nutzten zur Fertigung eine Origami-Technologie, bei der die benötigten Materialien für die Bauelemente auf einer Wafer­oberfläche unter hohe mechanische Verspannung gesetzt werden. Werden die Materialschichten anschließend kontrolliert von der Oberfläche abgelöst, wird die Verspannungs­energie freigesetzt und die Schichten wickeln sich von selbst mit hoher Genauigkeit und Ausbeute zu kompakten 3D-Bauteilen auf. Die so herge­stellten Nano-Biosuper­kondensatoren wurden in drei Elektrolyten, getestet: Kochsalzlösung, Blutplasma und Blut. In allen drei Elektrolyten war die Energie­speicherung ausreichend, wenn auch mit unter­schiedlicher Effizienz. Im Blut zeigte der Super­kondensator eine exzellente Lebensdauer und hielt bis zu siebzig Prozent der anfänglichen Kapazität auch noch nach 16 Stunden bereit. Um die schnelle Selbstentladung zu unterdrücken, wurde ein Protonen­austauschseparator eingesetzt.

Das Team untersuchte danach die Leistungsfähigkeit der Stromspeicher in mikro­fluidischen Kanälen, um Blutadern verschiedener Größe nachzuahmen. In diesen Kanälen simulierten und testeten die Forschenden das Verhalten ihrer Energie­speicher unter verschiedenen Fließ- und Druckbedingungen. Sie stellten fest, dass die Super­kondensatoren ihre Leistung unter physio­logisch relevanten Bedingungen gut und stabil bereitstellen können, um einen pH-Sensor zu versorgen. Dazu integrierte das Team in einem fünfstufigen Ring­oszillator einen pH-sensitiven Superkondensator. So kam es zu einer Änderung der Ausgangsfrequenz in Abhängigkeit vom pH-Wert des Elektrolyten. Dieser pH-sensitive Ring­oszillator wurde in eine röhrenförmige 3D-Geometrie gebracht, sodass ein vollintegriertes und ultra-kompaktes System aus Energie­speicher und Sensor geschaffen werden konnte. Der hohle Innenkern dieses winzigen Sensor­systems dient als Kanal für das Blutplasma. 

TU Chemnitz / JOL

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