20.01.2011

Supermassive Schwarze Löcher und ihre Umgebung

Die Masse von Schwarzen Löchern in Galaxienkernen hängt weder von der Galaxienscheibe noch vom Halo aus Dunkler Materie ab.

Die Masse von Schwarzen Löchern in Galaxienkernen hängt weder von der Galaxienscheibe noch vom Halo aus Dunkler Materie ab.

Große Galaxien enthalten in ihren Zentren gewöhnlich supermassive Schwarze Löcher. Die Masse dieser Schwarzen Löcher beträgt jeweils einige Prozent der Masse des so genannten „Bulge“, einer zentralen, ellipsoiden Ansammlung alter Sterne. Diese Korrelation erstreckt sich über einen Bereich der Masse der Schwarzen Löcher von einer Million bis zu einer Milliarde Sonnenmassen und deutet darauf hin, dass sich Bulges und Schwarze Löcher über einen Rückkopplungsmechanismus gemeinsam entwickeln.

Abb.: Beispiel einer Spiralgalaxie mit einem ausgeprägten Bulge: die Sombrero-Galaxie M104. (Bild: Nasa/Esa)

Doch nicht alle Galaxien besitzen einen Bulge – gibt es für solche Galaxien ähnliche Korrelationen? Dieser Frage sind John Kormedy von der University of Texas in Austin und Ralf Bender vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching nachgegangen. In zwei Arbeiten belegen sie, dass die Masse supermassiver Schwarzer Löcher in Galaxien ohne Bulge einerseits weder mit der Masse der Galaxienscheibe noch mit der Masse eines, soweit vorhanden, Pseudobulge – einer zentralen Sternenkonzentration in der Scheibe – korreliert, und andererseits auch keinerlei Zusammenhang mit der Masse des Halos aus Dunkler Materie zeigt, in welchen die sichtbare Galaxie eingebettet ist.

Die Existenz von Bulges und zentralen Schwarzen Löcher scheint eine natürliche Konsequenz der Strukturentwicklung im expandierenden Universum zu sein. Im Standardmodell der Strukturentwicklung bilden sich zunächst kleine Materieansammlungen, die sukzessiv zu immer größeren Galaxien verschmelzen.

Die Sterne des Bulge sind relativ alt, sie sind zu einer Zeit entstanden, als die Sternentstehungsrate im Kosmos ihr Maximum hatte. In dieser Zeit gab es auch die meisten Quasare – extrem helle Strahlungsquellen, die durch den Einfall von Materie in die zentralen Schwarzen Löcher angetrieben werden. Eine plausible Erklärung für die Korrelation zwischen Bulges und Schwarzen Löchern ist, dass die durch Verschmelzungen ausgelöste Sternentstehung einerseits zu einer „Fütterung“ der Schwarzen Löcher geführt hat, andererseits die dadurch emittierte Quasar-Strahlung die Sternentstehung in den Bulges wieder unterdrückt hat.

In Galaxien mit einem Bulge ist die Entwicklung des zentralen Schwarzen Loches also global an die Entwicklung der ganzen Galaxie gekoppelt. Wie Kormedy und Bender diskutieren, gibt es für Galaxien ohne Bulge offenbar keine ähnlichen globalen Prozesse. Stattdessen wachsen Schwarze Löcher in solchen Galaxien langsam durch lokale und damit stochastische Prozesse an, so dass sich keine Korrelationen mit globalen Masseparametern der Galaxien herausbilden können.

Das wirft allerdings die Frage auf, warum Galaxien sich überhaupt derart unterschiedlich entwickeln, wie James Peebles von der Princeton University hervorhebt. Als Beispiel verweist er auf die Milchstraße und die Andromeda-Galaxie M31. Beide besitzen einen vergleichbaren Dunklen Halo. Aber während M31 einen ausgeprägten Bulge zeigt und ein Schwarzes Loch mit der 100-millionenfachen Sonnenmasse besitzt, hat die Milchstraße keinen Bulge und ein zentrales Schwarzes Loch mit „nur“ vier Millionen Sonnenmassen. Warum sind diese beiden Systeme so unterschiedlich, obwohl sie doch unter vergleichbaren Bedingungen in der gleichen kosmischen Umgebung entstanden sind? „Ich würde die Möglichkeit nicht ignorieren“, schreibt Peebles, „dass das kosmologische Modell eine Feinabstimmung benötigt, um ein relativ kleines Detail zu berücksichtigen – die Galaxien.“

Rainer Kayser

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 KK

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