Supernova: kein Überlebender
Astronomen suchen vergeblich nach dem Begleiter eines 1006 explodierten Sterns – offenbar wurde er zerrissen.
Am 30. April 1006 leuchtete am südlichen Himmel ein neuer Stern auf – die hellste Supernova der überlieferten Geschichte, doppelt so hell wie die Venus und sogar am Tag mit bloßen Augen zu erkennen. Heute wissen wir: es muss sich um eine Supernova des Typs Ia gehandelt haben, also die Explosion eines Weißen Zwergs, der so lange Materie von einem zweiten Stern aufgenommen hat, bis es unweigerlich zu einer thermonuklearen Kettenreaktion kam. Ein spanisch-italienisches Forscherteam hat nun intensiv nach diesem zweiten Stern gesucht – ohne Erfolg. Offenbar hat der explodierte Stern seinen Begleiter vollständig zerrissen.
Abb.: Überlagerung eines Radio- und eines Röntgenbildes, sowie einer optischen Aufnahme des Überrestes der Supernova von 1006. (Bild: Röntgen NASA / CXC / Rutgers / G. Cassam-Chenaï / J.Hughes et al.; Radio: NRAO / AUI / NSF / GBT / VLA / Dyer, Maddalena & Cornwell; opt.: Middlebury C. / F. Winkler / NOAO / CTIO Schmidt & DSS)Caption
Es gibt zwei mögliche Wege, die zu einer Sternexplosion dieses Typs führen können. Beim langsamen Weg umkreist ein alter, aufgeblähter Riesenstern den Weißen Zwerg. Der Weiße Zwerg saugt dem Riesen mit seiner Schwerkraft langsam Materie ab, verleibt sich diese ein und wächst so, bis ein kritischer Massenwert erreicht ist und es zur Explosion kommt. Beim schnellen Weg ist der Begleiter dagegen ebenfalls ein – allerdings kleinerer – Weißer Zwerg oder ein anderer kleiner Stern. Dieser nähert sich dem größeren Weißen Zwerg an, bis ihn dessen Schwerkraft komplett zerreißt. Die Trümmer des zerfetzten Sterns fallen auf den Weißen Zwerg herab und führen so relativ rasch zum Erreichen der kritischen Masse und damit zur Explosion.
Beide Wege können zur Produktion von Supernovae des Typs Ia beitragen, schreiben Jonay Gonzáles Hernández vom Instituto de Astrofísica de Canarias und seine Kollegen, doch die relativen Anteile der beiden Wege sind immer noch ein fundamentales Rätsel der Astronomie. Ein Rätsel mit großer Bedeutung, denn solche Supernovae dienen den Astronomen bei der Erforschung des Kosmos als „Standardkerzen“, als einheitliche Lichtquellen also, mit denen sich große Entfernungen messen lassen. Ein genaues physikalisches Verständnis der Sternexplosionen ist deshalb wichtig, um beispielsweise die Genauigkeit dieser Messungen korrekt einzuschätzen.
González und seine Kollegen haben in einem Umkreis von knapp zehn Lichtjahren um den etwa 7000 Lichtjahre entfernten Supernova-Überrest nach Sternen gesucht. „Nur vier Sterne befinden sich in Entfernungen von uns, die gerade noch kompatibel sind mit der Supernova“, so die Astronomen. Alle vier sind rote Riesen – aber keiner von ihnen zeigt irgendwelche Auffälligkeiten im Spektrum. Da der überlebende Stern bei der Explosion des Weißen Zwergs aber mit schweren Elementen verunreinigt wird, kann es sich bei keinem dieser Sterne um den früheren Begleiter der Supernova handeln.
Gonzáles und seine Kollegen folgern daraus, der Begleiter könne nicht mehr existieren – und die Supernovae von 1006 müsse folglich auf dem schnellen Weg entstanden sein. Das Team verknüpft seine Ergebnisse mit den Daten anderer Beobachter und kommt zu dem Schluss, dass höchstens 20 Prozent aller Supernovae des Typs Ia auf dem langsamen Weg entstehen und einen überlebenden Partner hinterlassen.
Rainer Kayser
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