Supraleitende Folie aus Nanodrähten
Neues Kompositmaterial vereint Flexibilität und widerstandslose Stromleitung.
Es ist eine neue Klasse von Supraleitern: Experimentalphysiker aus dem Forscherteam um Uwe Hartmann von der Universität des Saarlandes haben einen dünnen Nano-Stoff entwickelt, der supraleitende Eigenschaften hat. Ab etwa 73 Kelvin transportiert er elektrischen Strom verlustfrei, lässt Magnete schweben und schirmt Magnetfelder ab. Das Besondere: Die Forscher haben dabei Fasern mit supraleitenden Nanodrähten zu einem Stoff verwebt, der hauchfein, biegsam und flexibel ist wie Frischhaltefolie. Dies ermöglicht neuartige Beschichtungen, etwa für Weltraum und Medizin.
Abb.: Was wie ein verbranntes Stück Papier aussieht, ist ein hauchdünner Supraleiter, den das Team von Uwe Hartmann (r.), hier mit Doktorand Xian Lin Zeng, entwickelt hat. (Bild: O. Dietze)
Auf den ersten Blick sieht es wie ein verkokeltes schwarzes Stück Papier aus. Aber das unscheinbare Blatt leitet tief gekühlt elektrischen Strom widerstandslos und verlustfrei. Heute übliche Supraleiter sind starr, spröde und haben eine hohe Dichte, was sie schwer macht. Die Saarbrücker Experimentalphysiker haben die supraleitenden Eigenschaften in eine dünne, anschmiegsame Folie gepackt. Der Stoff ist ein Gewebe aus Kunststoff-Fasern und Hochtemperatur-supraleitenden Nanodrähten. „Das macht ihn formbar und anpassungsfähig wie Frischhaltefolie. Theoretisch könnte er in jeder Größe hergestellt werden. Hierzu benötigen wir weniger Ressourcen als die üblicherweise für Supraleiter verwendeten Keramiken, was das Geflecht auch günstiger macht“, erklärt Uwe Hartmann.
Vor allem das geringe Gewicht der Folie ist ein Vorteil. „Mit einer Dichte von 0,05 Gramm pro Kubikzentimeter ist der Stoff sehr leicht, das ist etwa ein Hundertstel eines herkömmlichen Supraleiters. Damit ist er interessant überall dort, wo es auf Gewicht ankommt. Zum Beispiel in der Weltraumtechnik. Auch in der Medizintechnik könnte er zum Einsatz kommen“, erklärt Hartmann. Als neuartige Beschichtung könnte er bei kalten Temperaturen elektromagnetische Felder abschirmen, in flexiblen Kabeln zum Einsatz kommen oder für reibungsfreies Gleiten sorgen.
Abb.: Mikroskopische Aufnahme der supraleitenden Nanodrähte. (Bild: AG U. Hartmann)
Um den neuartigen Stoff zu weben, haben die Experimentalphysiker ein Elektrospinn-Verfahren genutzt, das üblicherweise für Kunststoffe zum Einsatz kommt. „Wir pressen dabei einen flüssigen Ausgangsstoff durch eine sehr feine Düse, die unter elektrischer Spannung steht. Heraus kommen Nanodraht-Fäden mit Durchmessern von etwa 300 Nanometer und weniger. Danach erhitzen wir das Geflecht so, dass Supraleiter in der richtigen Zusammensetzung entstehen. Sie bestehen aus Yttrium- Barium-Kupfer-Oxid oder aus ähnlichen Verbindungen“, erläutert Michael Koblischka, Wissenschaftler in Hartmanns Arbeitsgruppe.
U Saarland / JOL