Synthetisches Methan in der Praxis
Schweizer Konsortium prüft gesamte Wertschöpfungskette des post-fossilen Energieträgers.
Die vollständige Abkehr von fossilen Energieträgern wird nicht nur in der Schweiz, sondern auch in der EU und zahlreichen anderen Ländern immer lauter gefordert. Während in vielen Sektoren bereits entsprechende Umsetzungsvorhaben laufen oder in Planung sind, gibt es Herausforderungen, für die klare und praktikable Lösungsansätze bisher noch fehlen. Eine davon ist die Versorgung der Schweiz mit erneuerbarer Energie im Winter, eine zweite ist die Umstellung des Langstrecken-, Schwer- und Flugverkehrs auf erneuerbare Treibstoffe. Ein Forschungsprojekt an der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) befasst sich vor diesem Hintergrund mit der Herstellung von synthetischem Methan. Der Kanton Zürich unterstützt das Vorhaben mit insgesamt 500.000 Franken aus dem Rahmenkredit zur Unterstützung von Pilotprojekten im Energiebereich.
Synthetisches Methan kann aus erneuerbarem Strom und Kohlendioxid (CO2) hergestellt und über das Gasnetz international transportiert werden. Die Infrastruktur dazu ist vorhanden, ebenso die Handelsmechanismen, die Normen und das Expertenwissen. Damit ist es eine von wenigen Optionen für die Versorgung der Schweiz mit erneuerbarer Energie im Winterhalbjahr. Zudem kann es in verflüssigter Form als Alternative zu Diesel im Langstreckengüterverkehr eingesetzt werden, und es ermöglicht eine energetische Kopplung der Strom-, Wärme- und Verkehrssektoren. Die Forschung zur Herstellung von synthetischem Methan dient außerdem als Grundlage zur Entwicklung von synthetischem Kerosin, das künftig einen CO2-neutralen Flugverkehr ermöglichen soll.
„Es ist eine Schlüsselfrage für den Klimaschutz: Wie können wir die überschüssige Sonnenenergie vom Sommer ganzjährig nutzbar machen, um CO2-frei zu werden – gerade beim Verkehr“, sagt der zuständige Regierungsrat Martin Neukom, Baudirektor des Kantons Zürich. Die Umwandlung von erneuerbarem Strom in synthetisches Methan ist zwar nicht neu, doch fehlen für die Einordnung und vergleichende Bewertung künftiger Energieversorgungs- und Mobilitätskonzepte noch verschiedene Grundlagen.
Die Erarbeitung belastbarer energetischer und wirtschaftlicher Daten in diesem Umfeld sei deshalb auch ein Schwerpunkt des Vorhabens, betont Brigitte Buchmann, Mitglied der Empa-Direktion und strategisch verantwortlich für das Projekt. „Das Projektkonsortium besteht aus Partnern, die die gesamte energetische, technische und wirtschaftliche Wertschöpfungskette abdecken, also von Forschern der Empa über Energieversorger, Tankstellen- und Fuhrparkbetreibern bis hin zu Industriepartnern im Technologie- und Anlagenbereich.“
Ziel des Projekts ist es, „move“, den Mobilitätsdemonstrator der Empa, in dem bereits Projekte zur Elektro- und Wasserstoffmobilität laufen, bis 2021 mit einer Produktionsanlage für synthetisches Methan zu erweitern. An der angeschlossenen Tankstelle sollen dann Lastwagen eines Projektpartners mit CO2-neutralem, synthetischem Methan betankt werden. Zu dessen Herstellung kommt ein an der Empa entwickeltes Verfahren zum Einsatz. Parallel dazu sollen Kostenstrukturen untersucht und Wirtschaftlichkeitsmodelle entwickelt werden, die als Grundlage für Entscheidungsträger zur Ausgestaltung von Rahmenbedingungen der künftigen post-fossilen Mobilität dienen können.
Damit unterstützt das Projektkonsortium die Bemühungen, fossile Energieträger Schritt für Schritt durch nachhaltig produzierte, erneuerbare Energieträger zu ersetzen. Das finanzielle Engagement des Kantons Zürich und diverser Industriepartner zeigt, dass das Interesse an derartigen Lösungsansätzen groß ist.
Empa / DE