Tanzende Skyrmionen
Mikrowellen erlauben eine bessere Kontrolle der magnetischen Spinwirbel.
In bestimmten magnetischen Materialien wie Cu2OSeO3 entstehen magnetische Wirbel. Diese Skyrmionen lassen sich durch niedrige elektrische Ströme kontrollieren, was eine energiesparende Datenverarbeitung ermöglichen könnte. Nun ist es einem Team gelungen, an Bessy II eine neue Technik zu entwickeln, um diese Wirbel präzise zu vermessen und dabei die drei unterschiedlichen Eigenschwingungen zu beobachten.
Cu2OSeO3 ist ein Material mit besonderen magnetischen Eigenschaften. So bilden sich in einem bestimmten Temperaturbereich bei einem kleinen äußeren Magnetfeld ;magnetische Spinwirbel. Aktuell sind dazu moderat tiefe Temperaturen um die sechzig Kelvin erforderlich, es scheint aber möglich zu sein, diesen Temperaturbereich auch in die Raumtemperatur zu verschieben. Das Spannende an Skyrmionen ist, dass sie sich sehr leicht bewegen und kontrollieren lassen und damit neue Möglichkeiten für eine energiesparende Datenverarbeitung bieten. Theoretische Arbeiten hatten vorausgesagt, dass sich mit einem elektrischen Hochfrequenzfeld Skyrmionen gemeinsam und synchron anregen lassen sollten. So könnten sich die Skyrmionen entweder alle gemeinsam im oder gegen den Uhrzeigersinn drehen oder aber atmen, indem sie sich ausdehnen und wieder zusammenziehen.
Nun ist es dem Team gelungen, in einer einkristallinen Probe von Cu2OSeO3 erstmals die Dynamik dieser Skyrmionen im Detail zu vermessen. „Konventionelle Methoden wie die ferromagnetische Resonanztechnik können die Ablenkung der Spins in der Skyrmionen-Phase nicht erfassen und eignen sich daher nicht, um diese selektiven Anregungen zu beobachten. Daher mussten wir uns etwas einfallen lassen“, erklärt Christian Back von der Technischen Universität München. An Bessy II gelang es, eine spinauflösende Methode mit einem äußeren Mikrowellenfeld zu kombinieren: „So konnten wir die Spins und ihre Ausrichtung präzise kartieren, und zwar für jede Sorte von Spins, die in der Probe vorhanden ist“, erläutert der Florin Radu vom Helmholtz Zentrum Berlin, der gemeinsam mit Kooperationspartnern aus den Universitäten Regensburg, der Ruhr Universität Bochum sowie der Freien Universität Berlin die Messstation aufgebaut hat.
Durch ferromagnetische Resonanzexperimente an einem Bragg-Peak zeigten die Forscher erstmals experimentell, dass sich alle drei Eigenschwingungen in Cu2OSeO3 ausbilden: Sie beobachteten magnetische Wirbel in drei unterschiedlichen, synchronen Bewegungsmustern, die sich mit dem Uhrzeigersinn oder gegen den Uhrzeigersinn drehen oder sich atmend ausdehnen und zusammenziehen. Jedes Bewegungsmuster wird bei einer bestimmten Frequenz des Mikrowellenfeldes erreicht, die vom äußeren Magnetfeld sowie von intrinsischen Parametern der Probe abhängt. Mit Hilfe des Mikrowellenfeldes sind somit Übergänge von einer Eigenschwingung in eine andere möglich. „Das ist ein erster Schritt zur Kontrolle von Skyrmionen“, sagt Radu.
HZB / JOL
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
S. Pöllath et al.: Ferromagnetic Resonance with Magnetic Phase Selectivity by Means of Resonant Elastic X-Ray Scattering on a Chiral Magnet, Phys. Rev. Lett. 123, 167201 (2019); DOI: 10.1103/PhysRevLett.123.167201 - Experimentalphysik funktionaler Spinsysteme, Technische Universität München
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Materialien für grüne Spintronik, Helmholtz Zentrum Berlin HZB