22.01.2024

Taumelnde Teilchen in der Luft

Winzige Partikel neigen zu Pendelbewegungen, während sie durch die Atmosphäre herabsinken.

Mit zuvor unerreichter Genauigkeit hat ein internationales Forschungsteam Partikel mit einer Größe von weniger als einem Millimeter auf ihrem Weg durch die Luft verfolgt. Aus ihren experimentellen Beobachtungen haben die Wissenschaftler ein Modell entwickeln, das Vorhersagen über Luftschadstoffe sowie Wettervorhersagen verbessern kann.

Abb.: Mikropartikel.
Abb.: Ein durch 3D-Druck künstlich erzeugter Partikel von siebenhundert Mikrometer Breite, der einem Eiskristall ähnelt. Er wird auf der Spitze einer Injektionsnadel platziert, bevor er in die Kammer zur Beobachtung des Schwebverhaltens fällt.
Quelle: J. Seesing, MPI-DS

Die Atmosphäre enthält viele winzige feste Partikel. Diese winzige Partikel wie Eiskristalle oder Aschepartikel neigen zu Pendelbewegungen, während sie durch die Atmosphäre herabsinken.  Um zu untersuchen, wie sich solche nichtkugelförmigen Partikel in der Luft bewegen, verwendete das Team eine neue Präzisionsapparatur, die mit mehreren Hochgeschwindigkeitskameras und einem neuartigen Mechanismus zur Injektion von Partikeln ausgestattet ist. Mit einem 3D-Drucker erzeugten die Forscher Partikel mit verschiedenen Formen, etwa Scheiben mit einer Dicke von bis zu fünfzig Mikrometern und Stäbchen mit einer Länge von bis zu 880 Mikrometern. Mit Hilfe dieser Technologien konnten sie beobachten, dass die Partikel zu oszillierenden Bewegungen neigen, wenn sie in ruhiger Luft zu Boden schweben.

„Bisher wurden die meisten Studien über das Verhalten solch kleiner Partikel mit Modellen in Flüssigkeiten durchgeführt, da Experimente in Luft extrem schwierig sind“, erläutert Mohsen Bagheri vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen. „Die tatsächliche Dynamik konnte auf diese Weise jedoch nicht erforscht werden. In unserem Experiment konnten wir diese nun direkt beobachten, indem wir die Bewegung von Partikeln realer Größe, die viel schwerer sind als das umgebende Medium, gemessen haben.“

Die beobachtete Oszillation hat möglicherweise einen Einfluss auf den Zusammenstoß einzelner Teilchen, ihre Wegstrecke in der Atmosphäre und ihre Wechselwirkung mit der Sonnenstrahlung. Denn reale atmosphärische Teilchen sind in der Regel nicht perfekt kugelförmig, sondern eher abgeflachte oder längliche Strukturen. Die Wissenschaftler entwickelten und testeten ebenfalls ein Modell zur Beschreibung und Vorhersage der Bewegung solcher Teilchen, das die experimentellen Ergebnisse sehr genau wiedergibt.

Das neue Modell kann künftig verwendet werden, um die Dynamik und die Bildung von Partikelclustern und die daraus resultierenden Auswirkungen im Alltag zu untersuchen. „Unsere Ergebnisse können zur Verbesserung der Vorhersagen, wie lange sich Schadstoffe in der Atmosphäre aufhalten oder wie Niederschläge in Wolken entstehen, beitragen“, betont Alain Pumir von der Universität Lyon in Frankreich. Insgesamt ermöglichen Erkenntnisse der Studie ein genaueres Verständnis der atmosphärischen Partikel und ihrer Auswirkungen auf unsere Umwelt und unser Klima.

MPI-DS / RK

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