27.03.2019

Teilchenbeschleunigung im Taschenformat

Miniaturmodell für die Plasma-Wakefield-Beschleunigung etabliert.

Wer verstehen möchte, wie unsere Welt auf ganz elementarer Ebene funktioniert, sollte einen möglichst leistungs­starken Teilchenbeschleuniger zur Verfügung haben. Als heißer Kandidat, die nächste Generation von Beschleunigern anzutreiben und damit noch avanciertere Forschung zu ermöglichen, gilt die Plasma-Wakefield-Beschleu­nigung (PWFA). Bis heute sind jedoch wichtige technische und physikalische Fragen rund um diese Technologie ungeklärt. Das liegt vor allem daran, dass nur wenige Großbe­schleuniger die zum Antrieb der Plasmawellen geeigneten Elektronen­pulse erzeugen können. Doch nun macht ein Team um Stefan Karsch vom Labor für Attosekundenphysik (LAP) an der LMU und dem Max-Planck-Institut für Quantenoptik MPQ mit einem Miniatur-Modell die Erforschung von PWFA auch im kleineren Labor möglich und stellt die Technologie­entwicklung so auf eine breitere Basis.

Abb.: Laserphysiker um Stefan Karsch erforschen die...
Abb.: Laserphysiker um Stefan Karsch erforschen die Laser-Wakefield-Beschleunigungs-Technologie am Centre for Advanced Laser Applications in München. (Bild: T. Naeser)

Die Plasma-Wakefield-Beschleunigung, die als neuartige Beschleuniger­technologie die Größe und damit Kosten solcher Projekte drastisch reduzieren könnte, verwendet Plasmawellen statt Radiowellen zur Beschleunigung. Die Plasma­beschleunigung lässt Elektronen auf einer Welle surfen. Diese wird durch einen kurzen, hochdichten Elektronenpuls, dem Treiberpuls, erzeugt, der durch ein Plasma geschickt wird. Die Elektronen im Plasma werden dabei von den Elektronen im Treiberpuls abgestoßen, in etwa so wie ein Schiff Wasser verdrängt, und bilden deshalb eine Kielwelle. Auf dieser Kielwelle können jetzt wiederum andere Elektronen surfen und dabei eine deutlich höhere Energie gewinnen als die Elektronen im Treiberpuls. Bislang waren dafür noch große, konven­tionelle Beschleuniger notwendig. Darum wird diese Technik bisher nur an wenigen Großanlagen wie Slac oder Cern erforscht.

Die Forscher um Stefan Karsch entwickelten ihre Miniatur­version von PWFA im Münchener Laboratory for Extreme Photonics. Diese funktioniert ähnlich wie ein Wellenbecken, in dem man mit kleinen Modellen zum Beispiel Strömungen im Ozean studieren kann. Dabei verwendeten die Physiker den Atlas-Laser als Erzeuger für die Treiber­strahlen. Dessen intensive Teilchen­strahlen erlaubten es ihnen, einen wenige Millimeter langen Plasma­beschleuniger zu schaffen und dabei das Kielwellen­feld abzubilden. Ihr rein optischer Ansatz ermöglichte es, Diagnostiken zu implementieren, die neue Einblicke in das Plasma schafften. Dadurch beobachteten die Laserphysiker erstmals die Langzeit­dynamik der Welle und die Bewegung der Ionen im Plasma, deren Dynamik üblicherweise in Simulations­rechnungen vernachlässigt wird. Diese Beobachtungen können nun direkt zur Optimierung von PWFAs an Großanlagen verwendet werden.

LMU / JOL

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