22.01.2018

Thermometer für Mikrochips

Hitzesensoren auf den Chips können Hackerangriffe identifizieren.

Die Minia­turisierung von Computer­chips eröffnet ein weiteres Einfallstor für Hacker­angriffe: Mikrochips sind hoch­sensibel und könnten durch gezielte Überlastung physisch zerstört werden. Einem Forscher­team am Karlsruher Institut für Techno­logie ist jetzt der Nachweis gelungen, dass die Über­wachung von Prozessoren mittels ther­mischer Muster Rück­schlüsse auf manipu­lative Steuer­befehle zulässt. Daraus könnte eine neue Generation von Computer­chips entstehen, in die ein intelligentes, sich selbst an neue Bedrohungen anpassendes Überwachungs­system bereits integriert ist.

Abb.: Versuchsaufbau zur Überwachung eines Computerchips mit Infrarotkameras. (Bild: CES, KIT)

Techno­logische Fortschritte in der Elektronik­industrie wie größere Geschwindig­keiten, geringere Kosten aber auch kleinere Bau­größen eröffnen heute ganz neue Möglich­keiten der Automa­tisierung und indus­triellen Fertigung ohne die eine „Industrie 4.0“ nicht vorstellbar wäre. Gerade die Minia­turisierung ist in den letzten Jahren so stark voran­geschritten, dass inzwischen der physische Fluss von wenigen Elektronen genügt, um eine Software auszu­führen. Doch dieser Fortschritt hat auch eine Schatten­seite: Prozes­soren für die indus­trielle Fertigung in der Größen­ordnung von weniger als zehn Nanometer sind so empfindlich, dass Hacker durch eine gezielte Über­lastung mittels falscher Steuer­befehle einen künstlichen Alterungs­prozess auslösen könnten, der diese innerhalb von wenigen Tagen zerstört. Um solche Attacken auf Industrie­anlagen zukünftig abwehren zu können, arbeitet eine Forschungs­gruppe am KIT nun an einem intelli­genten Selbst­überwachungs­system.

Grundlage des neuen Ansatzes ist die Identi­fikation von thermischen Mustern im Normal­betrieb von Prozes­soren: „Jeder Chip erzeugt einen spezi­fischen thermischen Finger­abdruck“, erläutert Jörg Henkel, der die Forschungs­gruppe am Chair for Embedded Systems (CES) leitet: „Berech­nungen werden durchgeführt, etwas wird im Arbeits­speicher abgelegt oder von der Festplatte abgerufen. Alle diese Operationen führen in unter­schiedlichen Bereichen des Prozessors zu einer kurz­zeitigen Erwärmung und Abkühlung.“ Seine Forschungs­gruppe beobachtete nun dieses Muster mit sensiblen Infrarot­kameras und konnte Veränderungen in der Steuer­routine auf Grundlage von mini­malen Temperatur­schwankungen oder zeitliche Abweichungen im Bereich von Milli­sekunden nachvoll­ziehen.

Der Versuchs­aufbau mit Infrarot­kameras diente dabei dem Nachweis der Machbarkeit einer solchen Thermo­überwachung. Zukünftig sollen Sensoren auf dem Chip die Funktion der Kameras übernehmen. „Schon heute gibt es Temperatur­sensoren auf den Chips. Sie dienen dort als Überhitzungs­schutz“, sagt Jörg Henkel: „Wir werden die Zahl der Sensoren vergrößern und sie erstmals zu Zwecken der Cyber-Security einsetzen.“ Außerdem wollen die Wissen­schaftler Chips mit neuronalen Netzen ausstatten, die ther­mische Abweichungen selbständig identi­fizieren und so die Überwachung des Chips in Echtzeit übernehmen sollen.

Einen praktischen Einsatz ihres Thermo­meters halten die Forscher zunächst bei indus­triellen Anlagen für wahr­scheinlich. Dort werden meist statische Steuer­routinen ausgeführt, bei denen Abweichungen einfacher zu identi­fizieren sind, als etwa in einem Smartphone. Allerdings geht es auch bei Industrie­computern, um eine dynamische Bedrohungs­lage: „Wenn die Hacker wissen, dass die Temperatur überwacht wird, dann werden sie sich anpassen“, erklärt der Infor­matiker Hussam Amrouch, der im Team von Jörg Henkel mitarbeitet: „Sie werden kleinere oder langsamere Programme schreiben, deren Erwärmungs­profile schwerer zu erkennen sind.“ Die neuronalen Netze sollen deshalb von Anfang an so trainiert werden, dass sie auch eine modi­fizierte Bedrohung erkennen.

KIT / JOL

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