01.12.2017

Tief ins Feld

Bislang tiefste spektroskopische Durchmusterung des Hubble Ultra Deep Field offenbart Dutzende neue Galaxien.

Das MUSE-HUDF-Survey-Team unter der Leitung von Roland Bacon von der Universität Lyon (CRAL, CNRS) in Frankreich hat mit dem Instrument MUSE (Multi Unit Spectroscopic Explorer) das Hubble Ultra Deep Field beobachtet, eine sehr gut erforschte Himmelregion im südlichen Sternbild Chemischer Ofen (lat. Fornax). Herausgekommen sind die tiefsten spektroskopischen Beobachtungen, die je gemacht wurden: Für 1600 Galaxien wurden präzise spektro­skopische Informationen gesammelt, zehnmal so viele wie in den letzten zehn Jahren mit boden­gebundenen Teleskopen in diesem Bereich mühsam untersucht worden waren.

Abb.: Das Hubble Ultra Deep Field aus Sicht von MUSE (Bild: ESO / MUSE HUDF collaboration)

Die originalen HUDF-Bilder, die mit dem Hubble-Weltraum­teleskop der NASA/ESA aufgenommen wurden, waren bahnbrechend auf dem Bereich der Deep-Field-Beobachtungen, als sie 2004 veröffentlicht wurden. Auf den Aufnahmen ließ sich tiefer als je zuvor ins Universum blicken – und was zum Vorschein kam, war nicht nur eine Vielzahl an Galaxien, sondern es war vor allem auch ein Blick zurück in die Vergangenheit, als das Universum noch nicht einmal eine Milliarde Jahre alt war. Das Gebiet wurde später noch viele weitere Male von Hubble und anderen Teleskopen beobachtet. Heraus kam die bis heute tiefste Aufnahme des Universums. Trotz der Tiefe der Hubble-Beobachtungen hat MUSE nun – abgesehen von vielen weiteren Ergebnissen – 72 Galaxien zu Tage gebracht, die nie zuvor in diesem kleinen Bereich des Himmels beobachtet wurden.

Hierzu meint Roland Bacon: „MUSE kann etwas, was Hubble nicht kann – in jedem Punkt im Bild teilt es das Licht in seine Farbkomponenten auf und erzeugt ein Spektrum. Das ermöglicht uns, die Entfernung, Farben und andere Eigenschaften all dieser Galaxien zu messen, die wir sehen können – einschließlich derer, die für Hubble unsichtbar waren.“

Die MUSE-Daten liefern einen neuen Blick auf dunkle, sehr weit entfernte Galaxien, die wir zu einem Zeitpunkt sehen, als das Universum vor gut 13 Milliarden Jahren gerade erst entstanden war. Das Instrument hat in dem bereits gut untersuchten Gebiet Galaxien entdeckt, die 100 Mal licht­schwächer sind als jene in früheren Untersuchungen, was unser Verständnis über Galaxien jeden Alters verbessern wird.

Die Untersuchung brachte 72 Galaxien-Kandidaten zutage, die man als Lyman-Alpha-Emitter bezeichnet, da sie nur im Lyman-Alpha-Licht leuchten. Unser derzeitiges Verständnis der Stern­entstehung reicht nicht aus, um diese Galaxien, die nur in dieser einen Farbe zu leuchten scheinen, vollständig erklären zu können. Diese Objekte kamen nur zum Vorschein, weil MUSE das Licht in nach Farben bzw. Wellenlängen auflöst, auf tiefen Direkt­aufnahmen wie die von Hubble bleiben sie jedoch unsichtbar.

„MUSE hat die einzigartige Fähigkeit, Informationen über einige der frühesten Galaxien im Universum zu extrahieren – sogar in einem Teil des Himmels, der bereits sehr gut untersucht ist“, erklärt Jarle Brinchmann, der an der Universität Leiden in den Niederlanden und am Institute of Astrophysics and Space Sciences am CAUP in Porto in Portugal arbeitet und Erstautor eines der Fachartikel ist, die die Ergebnisse der Untersuchung präsentieren. „Wir lernen Dinge über diese Galaxien, die nur mit Spektroskopie möglich sind, wie die chemische Zusammensetzung und innere Bewegungen – nicht Galaxie für Galaxie, sondern für alle Galaxien auf einmal!“

Ein weiteres wichtiges Ergebnis dieser Untersuchung war der systematische Nachweis von leuchtenden Wasserstoff­halos um Galaxien im frühen Universum, was Astronomen eine neue und vielversprechende Möglichkeit bietet, zu untersuchen, wie Materie in frühe Galaxien hinein- und herausfließt.

In den Fachartikeln werden auch andere Anwendungsmöglichkeiten dieses Datensatzes diskutiert, einschließlich der Erforschung der Rolle lichtschwacher Galaxien während der kosmischen Reionisation, die nur 380.000 Jahre nach dem Urknall stattfand, sowie der Galaxienverschmelzungsrate, als das Universum noch jung war, der galaktischen Winde, der Sternentstehung sowie der Kartierung der Bewegung von Sternen im frühen Universum.

„Bemerkenswerterweise wurden diese Daten alle ohne das kürzlich an MUSE vorgenommene Adaptive Optics Facility Upgrade gewonnen. Die Aktivierung der AOF nach einem Jahrzehnt intensiver Arbeit durch Astronomen und Ingenieuren der ESO verspricht für die Zukunft noch weitere revolutionäre Daten“, meint Roland Bacon abschließend.

MPIA / DE

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