12.07.2016

Tiefer Blick in den Orionnebel

Very Large Telescope entdeckt unerwartet viele Objekte niedriger Masse.

Noch nie zuvor konnten Wissen­schaftlern so tief in das Herzen des Orion­nebels blicken, wie es nun mit dem HAWK-I-Infrarotinstrument am Very Large Telescope VLT der ESO in Chile gelang. Das beein­druckende Bild enthüllt etwa zehn Mal so viele Braune Zwerge und isolierte Objekte planetarer Masse wie bisher bekannt. Die Entdeckung sorgt nun dafür, dass das bisherige weithin akzeptierte Szenario, wie die Stern­entstehungs­geschichte in Orion ablief, möglicher­weise überdacht werden muss. An der Entdeckung beteiligt waren auch Wissenschaftler aus Bochum und Heidelberg.

Abb.: Infrarotbild des Orionnebels, aufgenommen mit dem HAWK-I-Instrument am VLT. (Bild: ESO / H. Drass et al.)

Der berühmte Orionnebel erstreckt sich im Sternbild Orion über etwa 24 Lichtjahre und ist von der Erde aus mit dem bloßen Auge als ver­schwommener Fleck im Schwert des Orion sichtbar. In Nebeln wie dem Orionebel wird das Gas durch die ultra­violette Strahlung der vielen heißen Sterne ionisiert, die darin geboren werden, so dass der Nebel hell leuchtet. Durch die räumliche Nähe des Orionnebels zur Erde eignet er sich hervor­ragend dazu, sowohl die Prozesse und die Geschichte der Stern­entstehung in solchen Umgebungen besser zu verstehen, als auch die Anzahl der Sterne zu bestimmen, die sich mit unter­schiedlichen Massen bilden.

Amelia Bayo von der Universidad de Valparaíso in Chile erklärt, warum das wichtig ist: „Wenn wir Belege für unsere aktuellen Theorien der Stern­entstehung finden wollen, ist es wichtig zu verstehen, wie viele Objekte mit geringer Masse im Orion­nebel vorkommen. Wir verstehen jetzt, dass die Art und Weise, wie diese Objekte mit geringer Masse entstehen, von ihrer Umgebung abhängt.“

Für Aufregung hat das neue Bild gesorgt, da es eine unerwartet große Zahl an Objekten mit niedriger Masse zu Tage brachte, was wiederum nahelegt, dass im Orionnebel verhältnis­mäßig deutlich mehr Objekte niedriger Masse entstehen als in uns näher gelegenen und weniger aktiven Stern­entstehungs­regionen.

Um den Prozess der Stern­entstehung zu verstehen, rechnen Astronomen zusammen, wie viele Objekte unterschied­licher Masse in Regionen wie dem Orionnebel entstehen. Im Vorfeld dieser Arbeit hatten die meisten gefundenen Objekte eine Masse von etwa einem Viertel der Sonnen­masse. Die Entdeckung einer großen Zahl neuer Objekten im Orionnebel mit Massen, die deutlich unterhalb dieses Werte liegen, hat nun dafür gesorgt, dass in der Verteilung der Anzahl der Sterne noch eine zweite Häufung bei einer weitaus kleineren Masse zu finden ist.

Diese Beobach­tungen deuten auch darauf hin, dass die Zahl der Objekte in Planeten­größe um einiges höher sein könnte, als bisher gedacht. Zwar existiert die Techno­logie im Moment noch nicht, mit der es möglich wäre, diese Objekte ohne weiteres beobachten zu können, jedoch wird sich das mit der Inbe­triebnahme des zukünf­tigen European Extremely Large Telescope (E-ELT) der ESO im Jahr 2024 ändern.

Holger Drass vom Astro­nomischen Institut der Ruhr-Univer­sität Bochum sagt: „Unsere Ergebnisse fühlen sich für mich so an wie ein flüchtiger Blick in eine neue Ära der Planeten- und Stern­entstehungs­forschung. Die riesige Zahl vagabun­dierender Planeten, die wir bereits mit den der­zeitigen Beobachtungs­möglich­keiten finden, lässt mich hoffen, dass wir mit dem E-ELT eine ganze Menge kleinerer Planeten in Erdgröße entdecken werden.“

ESO / JOL

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