02.09.2016

Tierische 3D-Animationen

Neue Software ermöglicht es, anhand kurzer Videos animierbare dreidimensionale Figuren zu erzeugen.

Ob King Kong für Hollywoods Traum­fabrik oder Affen im Computer­spiel: Wer Tiere digital drei­dimensional nachbauen und diese lebensecht animieren will, muss erheblichen Aufwand betreiben. Oft übernehmen dies Experten, die mit spe­ziellen Computer­programmen arbeiten. Selbst sie brauchen mehrere Tage. Forscher des Max-Planck-Instituts für Infor­matik haben nun eine Software entwickelt, mit dem selbst Laien solche 3D-Figuren in wenigen Minuten erschaffen können – sofern vorab ein ent­sprechendes Video das Tier in Bewegung zeigt. Die Anwender müssen nur Kopf, Körper und Gliedmaßen per Strich andeuten, alles Weitere übernimmt die Software aus Saar­brücken.

Abb.: Dank einer neuen Software des Max-Planck-Instituts für Informatik brauchen Anwender auf einem Bild eines kurzen Videos nur die Gliedmaßen eines Tieres nachzuzeichnen, damit das Programm von diesem ein Modell erzeugen kann, das sich animieren lässt. (Bild:MPI Informatik)

Bernhard Reinert und Hans-Peter Seidel vom Max-Planck-Institut für Informatik haben dafür eine Benutzer­oberfläche entwickelt, die einem einfachen Malprogramm gleicht. Mit dessen Hilfe braucht es nur wenige Mausklicks, bis der Schwanz eines laufenden Gepards mit einer orangen Linie übermalt und Rückgrat, Kopf, Vorder- und Hinter­beine durch weitere farbige Linien markiert sind. Die Software überträgt diese Markierungen auf alle Einzel­bilder einer Video­aufnahme der Wildkatze, so dass die Linien immer auf den Glied­maßen liegen, auch wenn sich deren Position auf den folgenden Bildern ändert. Ob das Programm die Glied­maßen korrekt erfasst, überprüft der Anwender, indem er fünf Einzel­bilder kontrolliert und gegebenen­falls per Hand korrigiert. „Alle bisherigen Ansätze, das Erkennen der Glied­maßen zu auto­matisieren, haben hier versagt. Deswegen haben wir ein neues Rechen­verfahren entwickelt, das auf speziellen Zufalls­vprozessen, sogenannten Markow-Ketten beruht“, erklärt Bernhard Reinert.

Hat der Anwender bestätigt, dass die Software die Gliedmaßen des Gepards auf den ent­scheidenden fünf Einzel­bildern korrekt erkannt hat, erstellt sie automatisch das drei­dimensionale, digitale Gitter­modell des Tieres. Dazu separiert sie das zwei­dimensionale Abbild des Gepards von Vorder- und Hintergrund und ersetzt die einge­zeichneten Glied­maßen solange durch in Höhe und Durch­messer variable Zylinder, bis diese für jedes Einzelbild passen. „Das Vorgehen ähnelt dem Unter­fangen aus einem länglichen Luft­ballon ein Tier zu formen, ist jedoch viel genauer, was die einzelnen Segmente angeht“, erläutert Reinert. Im letzten Schritt wird das Fell des Gepards aus dem Bild kopiert, auf dem auch das kom­plette Glied­maßen-Skelett markiert wurde, und wird dann als Textur über das 3D-Gitter­modell gezogen. Schon fertig ist das drei­dimensionale Gepard-Modell.

„Auf diese Weise erhält man in wenigen Minuten ein gutes 3D-Modell, mit dem man entweder weiter­arbeiten kann oder es verfeinert, wenn man es in noch höherer Qualität braucht“, erklärt Tobias Ritschel, Senior Lecturer am University College London. Das unbe­arbeitete 3D-Modell sei jedoch schon so gut, dass man es sofort an einen 3D-Drucker weiter­leiten könne, um auf Grundlage des digitalen Modells die ent­sprechende Skulptur zu drucken. Die Forscher haben ihre Software an verschiedenen Tier-Videoclips getestet, die sie auf der Video­plattform YouTube fanden, und so einen ganzen Zoo an 3D-Modellen angelegt. Die kurzen Videos sind ideal, da sich hier oft nur das Tier bewegt und nicht die Kamera wild hin- und herschwenkt, was der Software Schwierig­keiten bereitet. Die 3D-Tier­modelle lassen sich in verschiedenen Posen und mit ver­schiedensten Fellen oder Häuten darstellen und sich auch klonen, um beispiels­weise aus der Vorlage eines Gepards ein ganzes Rudel zu erstellen.

Bisher war so etwas nur mit viel Handarbeit möglich. Dies bewiesen die Forscher auch mit einer zusätz­lichen Studie. Hatte ein Teil der Versuchs­personen mit der neuen Software schon nach wenigen Minuten ein einfaches Tier digital nachgebaut, waren die anderen Versuchs­personen trotz Experten­wissen und Spezial­software nach einer halben Stunde immer noch nicht mit dem Ergebnis zufrieden.

Univ. d. Saarlandes / JOL

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