Tierische 3D-Animationen
Neue Software ermöglicht es, anhand kurzer Videos animierbare dreidimensionale Figuren zu erzeugen.
Ob King Kong für Hollywoods Traumfabrik oder Affen im Computerspiel: Wer Tiere digital dreidimensional nachbauen und diese lebensecht animieren will, muss erheblichen Aufwand betreiben. Oft übernehmen dies Experten, die mit speziellen Computerprogrammen arbeiten. Selbst sie brauchen mehrere Tage. Forscher des Max-Planck-Instituts für Informatik haben nun eine Software entwickelt, mit dem selbst Laien solche 3D-Figuren in wenigen Minuten erschaffen können – sofern vorab ein entsprechendes Video das Tier in Bewegung zeigt. Die Anwender müssen nur Kopf, Körper und Gliedmaßen per Strich andeuten, alles Weitere übernimmt die Software aus Saarbrücken.
Abb.: Dank einer neuen Software des Max-Planck-Instituts für Informatik brauchen Anwender auf einem Bild eines kurzen Videos nur die Gliedmaßen eines Tieres nachzuzeichnen, damit das Programm von diesem ein Modell erzeugen kann, das sich animieren lässt. (Bild:MPI Informatik)
Bernhard Reinert und Hans-Peter Seidel vom Max-Planck-Institut für Informatik haben dafür eine Benutzeroberfläche entwickelt, die einem einfachen Malprogramm gleicht. Mit dessen Hilfe braucht es nur wenige Mausklicks, bis der Schwanz eines laufenden Gepards mit einer orangen Linie übermalt und Rückgrat, Kopf, Vorder- und Hinterbeine durch weitere farbige Linien markiert sind. Die Software überträgt diese Markierungen auf alle Einzelbilder einer Videoaufnahme der Wildkatze, so dass die Linien immer auf den Gliedmaßen liegen, auch wenn sich deren Position auf den folgenden Bildern ändert. Ob das Programm die Gliedmaßen korrekt erfasst, überprüft der Anwender, indem er fünf Einzelbilder kontrolliert und gegebenenfalls per Hand korrigiert. „Alle bisherigen Ansätze, das Erkennen der Gliedmaßen zu automatisieren, haben hier versagt. Deswegen haben wir ein neues Rechenverfahren entwickelt, das auf speziellen Zufallsvprozessen, sogenannten Markow-Ketten beruht“, erklärt Bernhard Reinert.
Hat der Anwender bestätigt, dass die Software die Gliedmaßen des Gepards auf den entscheidenden fünf Einzelbildern korrekt erkannt hat, erstellt sie automatisch das dreidimensionale, digitale Gittermodell des Tieres. Dazu separiert sie das zweidimensionale Abbild des Gepards von Vorder- und Hintergrund und ersetzt die eingezeichneten Gliedmaßen solange durch in Höhe und Durchmesser variable Zylinder, bis diese für jedes Einzelbild passen. „Das Vorgehen ähnelt dem Unterfangen aus einem länglichen Luftballon ein Tier zu formen, ist jedoch viel genauer, was die einzelnen Segmente angeht“, erläutert Reinert. Im letzten Schritt wird das Fell des Gepards aus dem Bild kopiert, auf dem auch das komplette Gliedmaßen-Skelett markiert wurde, und wird dann als Textur über das 3D-Gittermodell gezogen. Schon fertig ist das dreidimensionale Gepard-Modell.
„Auf diese Weise erhält man in wenigen Minuten ein gutes 3D-Modell, mit dem man entweder weiterarbeiten kann oder es verfeinert, wenn man es in noch höherer Qualität braucht“, erklärt Tobias Ritschel, Senior Lecturer am University College London. Das unbearbeitete 3D-Modell sei jedoch schon so gut, dass man es sofort an einen 3D-Drucker weiterleiten könne, um auf Grundlage des digitalen Modells die entsprechende Skulptur zu drucken. Die Forscher haben ihre Software an verschiedenen Tier-Videoclips getestet, die sie auf der Videoplattform YouTube fanden, und so einen ganzen Zoo an 3D-Modellen angelegt. Die kurzen Videos sind ideal, da sich hier oft nur das Tier bewegt und nicht die Kamera wild hin- und herschwenkt, was der Software Schwierigkeiten bereitet. Die 3D-Tiermodelle lassen sich in verschiedenen Posen und mit verschiedensten Fellen oder Häuten darstellen und sich auch klonen, um beispielsweise aus der Vorlage eines Gepards ein ganzes Rudel zu erstellen.
Bisher war so etwas nur mit viel Handarbeit möglich. Dies bewiesen die Forscher auch mit einer zusätzlichen Studie. Hatte ein Teil der Versuchspersonen mit der neuen Software schon nach wenigen Minuten ein einfaches Tier digital nachgebaut, waren die anderen Versuchspersonen trotz Expertenwissen und Spezialsoftware nach einer halben Stunde immer noch nicht mit dem Ergebnis zufrieden.
Univ. d. Saarlandes / JOL