Topologische Laser
Lasing-Moden von topologisch geschützten Zuständen erhöhen Effizienz und Robustheit.
Der Nobelpreis für Physik 2016 ging an David Thouless, Duncan Haldane und Michael Kosterlitz für ihre grundlegenden theoretischen Arbeiten zu „topologischen Phasenübergängen und topologischen Phasen der Materie“. Zum damaligen Zeitpunkt kam diese Preisvergabe für Viele ziemlich überraschend. In diesem Fall allerdings hatte sich der tiefe Blick der Nobel-Jury in die Entwicklung der theoretischen Grundlagen gelohnt: Viele neue Anwendungen und Möglichkeiten in der Festkörperphysik gründen auf der Nutzung topologischer Effekte. Dank der besonderen Robustheit solcher geometrisch geschützten Zustände sind neuartige Materialien mit einzigartigen Eigenschaften möglich.
Abb.: Wenn das topologische Gitter entlang der Kanten gepumpt wird, führt dies zur Emission von Laserstrahlung an einem der beiden Ausgänge (li.) des Gitters. (Bild: M. A. Bandres et al.)
Im Prinzip gilt das auch für Laser. Topologisch geschützte Lasermoden sollten unter anderem mit höherer Effizienz einhergehen und stabiler gegenüber Störeinflüssen sein als herkömmliche Materialien. Bislang hat es sich jedoch als schwierig erwiesen, aus topologischen Materialien Laser zu konstruieren. Letztes Jahr ist es erstmals gelungen. Die Wissenschaftler benötigten hierzu aber noch ein magnetisches Feld, um die gewünschten topologischen Eigenschaften im Material zu erzeugen. Dass es auch ohne besondere Magnetfelder geht – was für praktische Anwendungen eine wichtige Einsparung bedeutet – konnten nun zwei Forscherteams um Mordechai Segev vom Technion in Haifa zeigen. Die Wissenschaftler haben ein einfaches topologisches Lasersystem sowohl theoretisch untersucht als auch experimentell realisiert – und sind dabei auf einen interessanten Typ von Halbleiterlasern gestoßen, der sich durch einen hohen Wirkungsgrad auszeichnet und in Zukunft für unterschiedliche Anwendungen relevant werden könnte.
Ein internationales Forscherteam um Gal Harari vom Technion untersuchte die theoretischen Aspekte eines topologisch geschützten Lasers und betrachtete hierzu unter anderem ein Modell von gekoppelten Resonatoren, die zweidimensional in einem Quadrat angeordnet sind und von außen mit Pumpenergie angeregt werden. In einem solchen System nehmen die Randzustände Energie auf, während die inneren Resonatoren Energie an die äußeren verlieren. Das entspricht einem topologischen Isolator, der an seiner Oberfläche leitfähig ist, während sein Inneres keinen Strom leitet. Dieses System wurde von einer zweiten Arbeitsgruppe experimentell umgesetzt.
Von besonderer Bedeutung in einem topologisch geschützten System ist die Tatsache, dass der Energiefluss entlang der Kanten stets in einer Richtung läuft und nicht umkehren kann. Es ist durchaus möglich, dass sowohl im Uhrzeigersinn als auch in der Gegenrichtung Energiefluss stattfindet – aber in beiden Fällen ist die Laserfrequenz identisch, so dass sich beide Moden verstärken. Dadurch, dass der Energiefluss seine Richtung nicht ändern kann, ist er gegenüber Streu- und Störstellen topologisch geschützt und seine Frequenz besonders stabil, was zu einer scharfen Lasermode führen sollte. Es spricht prinzipiell auch nichts dagegen, solche topologischen Laser mit Sensoren, Antennen oder anderen Komponenten zu integrierten Systemen zu verbinden.
Abb.: Das topologisch geschützte Gitter (A) zeigt auch dann starke Laserstrahlung, wenn zwei Defekte an den Rändern eingeführt werden. Die Leistung des topologisch ungeschützten Gitters (B) bricht hingegen weitgehend ein. (Bild: M. A. Bandres et al.)
Dieses Konzept hat ein zweites Forscherteam um Miguel Bandres, ebenfalls vom Technion, gemeinsam mit Forschern der University of Central Florida in Orlanda praktisch umgesetzt. Sie verbanden spezielle kleine Ringresonatoren schachbrettartig zu einem zehn mal zehn Felder großen Gitter und verknüpften dieses wiederum mit einem Wellenleiter, der das entstehende Laserlicht zum Ausgang führte. Die Ringresonatoren waren je 0,5 Mikrometer breit und 0,21 Mikrometer hoch. Diese flache, zweidimensionale Anordnung bestrahlten sie mit einem gepulsten Pumplaser von 1064 Nanometern Wellenlänge. Das führte zur Ausbildung einer kohärenten Mode entlang der Kanten und zur Aussendung von Laserstrahlung.
Anschließen verglichen die Forscher die Lasing-Mode des topologisch geschützten Gitters mit einem nicht-topologischen. Während das nicht-topologische Gitter auch bei höheren Pumpleistung vor allem breitbandige Strahlung zwischen 1551 und 1554 Nanometern mit mäßiger Intensität aussandte, zeigt das topologische Gitter eine einzige, scharfe Lasermode hoher Intensität bei einer Wellenlänge von knapp 1556 Nanometern.
Von der Theorie her sind topologisch geschützte Systeme nicht zuletzt deshalb sehr interessant, weil sie gegenüber störenden Einflüssen wie etwa Gitterdefekten, Fehlstellen und thermischen Einflüssen besonders robust sein sollten. Die Experimentalphysiker vom Technion überprüften dies an ihrem Gitter, indem sie am Rand des Gitters künstlich zwei Defekte herbeiführten. Hier zeigte sich die theoretisch erwartete Robustheit experimentell sehr deutlich: Beim topologisch geschützten Gitter funktionierte der Energietransport entlang der Kanten weiterhin sehr gut und konnte die Störstellen überspringen, das Gitter zeigt weiterhin starke Laserstrahlung. Beim topologisch ungeschützten Gitter brach die Laserleistung hingegen weitgehend ein und stammte von drei räumlich getrennten Stellen.
Dieser neuartige Lasertyp beruht allein auf dielektrischen Komponenten und einer Pumpquelle. Man darf gespannt bleiben, ob und wie schnell sich die Leistungsfähigkeit solcher Systeme erhöht. Vielleicht gibt es in nicht allzu ferner Zukunft in Laserkatalogen eine eigene Sparte „topologische Laser“.
Dirk Eidemüller
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