02.02.2018

Topologische Laser

Lasing-Moden von topologisch geschützten Zuständen erhöhen Effizienz und Robustheit.

Der Nobelpreis für Physik 2016 ging an David Thouless, Duncan Haldane und Michael Kosterlitz für ihre grund­legenden theo­retischen Arbeiten zu „topo­logischen Phasen­übergängen und topolo­gischen Phasen der Materie“. Zum damaligen Zeitpunkt kam diese Preis­vergabe für Viele ziemlich über­raschend. In diesem Fall allerdings hatte sich der tiefe Blick der Nobel-Jury in die Entwicklung der theore­tischen Grundlagen gelohnt: Viele neue Anwen­dungen und Möglich­keiten in der Festkörper­physik gründen auf der Nutzung topolo­gischer Effekte. Dank der besonderen Robust­heit solcher geo­metrisch geschützten Zustände sind neuartige Materialien mit einzig­artigen Eigen­schaften möglich.

Abb.: Wenn das topologische Gitter entlang der Kanten gepumpt wird, führt dies zur Emission von Laserstrahlung an einem der beiden Ausgänge (li.) des Gitters. (Bild: M. A. Bandres et al.)

Im Prinzip gilt das auch für Laser. Topolo­gisch geschützte Laser­moden sollten unter anderem mit höherer Effi­zienz einhergehen und stabiler gegenüber Störein­flüssen sein als herkömm­liche Materialien. Bislang hat es sich jedoch als schwierig erwiesen, aus topo­logischen Materia­lien Laser zu konstruieren. Letztes Jahr ist es erstmals gelungen. Die Wissen­schaftler benötigten hierzu aber noch ein magne­tisches Feld, um die gewünschten topolo­gischen Eigen­schaften im Material zu erzeugen. Dass es auch ohne besondere Magnet­felder geht – was für praktische Anwen­dungen eine wichtige Einsparung bedeutet – konnten nun zwei Forscher­teams um Mordechai Segev vom Technion in Haifa zeigen. Die Wissen­schaftler haben ein einfaches topolo­gisches Laser­system sowohl theoretisch untersucht als auch experimen­tell realisiert – und sind dabei auf einen interes­santen Typ von Halbleiter­lasern gestoßen, der sich durch einen hohen Wirkungs­grad auszeichnet und in Zukunft für unter­schiedliche Anwen­dungen relevant werden könnte.

Ein inter­nationales Forscher­team um Gal Harari vom Technion unter­suchte die theore­tischen Aspekte eines topo­logisch geschützten Lasers und betrachtete hierzu unter anderem ein Modell von gekop­pelten Reso­natoren, die zwei­dimensional in einem Quadrat angeordnet sind und von außen mit Pump­energie angeregt werden. In einem solchen System nehmen die Randzu­stände Energie auf, während die inneren Resona­toren Energie an die äußeren verlieren. Das entspricht einem topo­logischen Isolator, der an seiner Ober­fläche leitfähig ist, während sein Inneres keinen Strom leitet. Dieses System wurde von einer zweiten Arbeits­gruppe experi­mentell umgesetzt.

Von besonderer Bedeutung in einem topo­logisch geschützten System ist die Tatsache, dass der Energie­fluss entlang der Kanten stets in einer Richtung läuft und nicht umkehren kann. Es ist durchaus möglich, dass sowohl im Uhrzeiger­sinn als auch in der Gegen­richtung Energie­fluss statt­findet – aber in beiden Fällen ist die Laser­frequenz identisch, so dass sich beide Moden verstärken. Dadurch, dass der Energie­fluss seine Richtung nicht ändern kann, ist er gegenüber Streu- und Stör­stellen topologisch geschützt und seine Frequenz besonders stabil, was zu einer scharfen Laser­mode führen sollte. Es spricht prinzi­piell auch nichts dagegen, solche topolo­gischen Laser mit Sensoren, Antennen oder anderen Komponenten zu inte­grierten Systemen zu verbinden.

Abb.: Das topologisch geschützte Gitter (A) zeigt auch dann starke Laserstrahlung, wenn zwei Defekte an den Rändern eingeführt werden. Die Leistung des topologisch ungeschützten Gitters (B) bricht hingegen weitgehend ein. (Bild: M. A. Bandres et al.)

Dieses Konzept hat ein zweites Forscher­team um Miguel Bandres, ebenfalls vom Technion, gemeinsam mit Forschern der University of Central Florida in Orlanda praktisch umgesetzt. Sie verbanden spezielle kleine Ring­resonatoren schachbrett­artig zu einem zehn mal zehn Felder großen Gitter und verknüpften dieses wiederum mit einem Wellen­leiter, der das entstehende Laser­licht zum Ausgang führte. Die Ringreso­natoren waren je 0,5 Mikrometer breit und 0,21 Mikrometer hoch. Diese flache, zweidimen­sionale Anordnung bestrahlten sie mit einem gepulsten Pumplaser von 1064 Nanometern Wellen­länge. Das führte zur Ausbildung einer kohärenten Mode entlang der Kanten und zur Aussendung von Laser­strahlung.

Anschließen verglichen die Forscher die Lasing-Mode des topo­logisch geschützten Gitters mit einem nicht-topo­logischen. Während das nicht-topolo­gische Gitter auch bei höheren Pump­leistung vor allem breit­bandige Strahlung zwischen 1551 und 1554 Nano­metern mit mäßiger Inten­sität aussandte, zeigt das topolo­gische Gitter eine einzige, scharfe Lasermode hoher Intensität bei einer Wellen­länge von knapp 1556 Nanometern.

Von der Theorie her sind topolo­gisch geschützte Systeme nicht zuletzt deshalb sehr interessant, weil sie gegenüber störenden Einflüssen wie etwa Gitter­defekten, Fehl­stellen und thermischen Einflüssen besonders robust sein sollten. Die Experimental­physiker vom Technion überprüften dies an ihrem Gitter, indem sie am Rand des Gitters künstlich zwei Defekte herbei­führten. Hier zeigte sich die theoretisch erwartete Robust­heit experi­mentell sehr deutlich: Beim topo­logisch geschützten Gitter funk­tionierte der Energie­transport entlang der Kanten weiterhin sehr gut und konnte die Stör­stellen über­springen, das Gitter zeigt weiterhin starke Laser­strahlung. Beim topo­logisch unge­schützten Gitter brach die Laser­leistung hingegen weitgehend ein und stammte von drei räumlich getrennten Stellen.

Dieser neuartige Lasertyp beruht allein auf dielek­trischen Komponenten und einer Pumpquelle. Man darf gespannt bleiben, ob und wie schnell sich die Leistungs­fähigkeit solcher Systeme erhöht. Vielleicht gibt es in nicht allzu ferner Zukunft in Laser­katalogen eine eigene Sparte „topolo­gische Laser“.

Dirk Eidemüller

JOL

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