01.03.2018

Torus mit Spin

Größter molekularer Spin nahe eines Quanten­phasen­über­gangs gefunden.

Ein internationales Forschungsteam um Annie Powell vom Karls­ruher Institut für Techno­logie und Jürgen Schnack von der Uni Biele­feld hat ein neues magne­tisches Molekül synthe­ti­siert. Wie die Wissen­schaftler nach­weisen konnten, besitzt dieses den größten bisher erreichten Grund­zustands­spin.

Abb.: Molekulare Struktur des ring­förmigen Fe10Gd10-Komplexes. Zur besseren Über­sicht wurden die orga­nischen – also an Kohlen­stoff­atome gebun­denen – Wasser­stoff­atome in der Abbil­dung nicht dar­ge­stellt. (Bild: C. Anson, KIT)

Jedes einzelne Elektron besitzt einen quantenmechanischen Eigen­dreh­impuls, den Spin. Das neue, an der Uni Biele­feld model­lierte und am KIT synthe­ti­sierte magne­tische Molekül weist im Grund­zustand einen Spin auf, der so groß ist wie der von 120 Elek­tronen zusammen. Es handelt sich damit um den größten Spin, der bisher in einem ein­zelnen Molekül erreicht wurde. Magne­tische Mole­küle sind Mole­küle, die magne­tische Ionen wie Eisen oder Gadoli­nium ent­halten. Das magne­tische Molekül Fe10Gd10, das die Forschungs­gruppe synthe­ti­siert und unter­sucht hat, hat die geo­me­trische Struktur eines Torus.

„Im Fall des neuen Moleküls kommt eine unerwartete Eigen­schaft hinzu, die auch ganz andere Anwen­dungen ermög­licht“, sagt Schnack: Es gibt einen Quanten­phasen­über­gang, der die Eigen­schaft des Mole­küls stark beein­flusst. Bei Quanten­phasen­über­gängen ändern Sub­stanzen ihr Ver­halten an quanten­kritischen Punkten funda­mental. Quanten­phasen­über­gänge finden beim abso­luten Tempe­ra­tur­null­punkt statt. In dem neu synthe­ti­sierten Molekül Fe10Gd10 sind beim Über­gang zehn­tausende Zustände ent­artet, sie haben also die gleiche Energie. Auf dieser absolut ebenen Energie­fläche kann ohne Energie­auf­wand zwischen den ein­zelnen Zuständen hin und her geschaltet werden.

Die Entropie nimmt in so einer Situation riesige Werte an. „Es ist, als würde man auf einem hohen, spitzen Berg stehen“, erklärt Powell. „Eine kleine Änderung der äußeren Bedin­gungen, zum Beispiel des Drucks, reicht aus und es geht sofort steil abwärts.“ In Zukunft soll daher unter­sucht werden, wie sich das Molekül Fe10Gd10 durch äußeren Druck über den quanten­kritischen Punkt führen lässt. Das Ziel der Erforschung magne­tischer Mole­küle besteht darin, sie pass­genau für ver­schie­dene Zwecke zu konstru­ieren, z.B. als Nano-Daten­speicher oder als Kühl­moleküle.

U. Bielefeld / RK

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