23.01.2013

Traktorstrahl sortiert Teilchen

Photonen bewegen beleuchtete Plastikkügelchen durch Vorwärtsstreuung gegen die Ausbreitungsrichtung des Lichts.

Unter geeigneten Bedingungen zieht ein Lichtstrahl die Teilchen, die von ihm beleuchtet werden, zur Strahlungsquelle hin. Solch ein „Traktorstrahl“ kann zudem auch die Partikel nach ihrer Größe sortieren oder so anordnen, dass sich die anziehenden Lichtkräfte verstärken. Das haben Experimente von tschechischen Forschern ergeben.

Abb.: Einfallender und reflektierter Strahl bilden zusammen einen Traktorstrahl, der einzelne Teilchen gegen die Ausbreitungsrichtung des Lichts bewegen kann. (Bild: O. Brzobohaty et al. / NPG)

Bisher kannte man Traktorstrahlen vor allem aus der Science Fiction wie „Raumschiff Enterprise“ oder „Star Wars“. Doch nach eingehenden theoretischen Untersuchungen wurden die Traktorstrahlen im vergangenen Jahr experimentell verwirklicht: David Ruffner und David Grier von der New York University hatten durch Überlagerung von Bessel-Strahlen mikrometergroße Glaskügelchen über 30 Mikrometer zur Lichtquelle hingezogen.

Doch man kann Traktorstrahlen auch einfacher herstellen, wie Pavel Zemánek und seine Kollegen am Institute of Scientific Instruments in Brünn gezeigt haben. Sie haben einen linear polarisierten Lichtstrahl von 532 nm Wellenlänge nahezu senkrecht von oben in einen wassergefüllten Glasbehälter gerichtet. Im Wasser waren submikrometergroße Polystyrolkügelchen gelöst. Am Boden des Behälters wurde der Strahl von einem Spiegel reflektiert, sodass er mit sich selbst überlagerte. Es entstand ein Interferenzmuster mit horizontal liegenden hellen und dunklen Bereichen.

Wie numerische Berechnungen zeigten, wirkte auf die Kugeln eine Kraft in horizontaler Richtung, deren Stärke vom Kugeldurchmesser sowie von der Polarisationsrichtung und vom Einfallswinkel des Lichtstrahls abhing. Kugeln von 820 nm Durchmesser wurden von p-polarisiertem (also parallel zur Einfallsebene polarisiertem) Licht stets in Richtung des resultierenden k-Vektors der beiden interferierenden Strahlen gezogen. Sie bewegten sich also horizontal mit dem Licht mit.

Anders sah das aus, wenn Kugeln derselben Größe mit s-polarisiertem (also senkrecht zur Einfallsebene polarisiertem) Licht bestrahlt wurden. Für Einfallswinkel zwischen 78 und 90 Grad wirkte eine horizontal Kraft, die gegen den k-Vektor des Lichtfeldes gerichtet war, sodass sich die Kugeln gegen die Ausbreitungsrichtung des Lichtes bewegten. Nach den Berechnungen wirkte das Lichtfeld auf die einzelnen Kugeln wie ein Traktorstrahl, wobei Kräfte von etwa 0,5 pN auftreten konnten.

Die Experimente bestätigten diese Berechnungen. Für p-polarisiertes Licht bewegten sich die Kugeln stets in Ausbreitungsrichtung des Lichtes, bis sie den Rand des Lichtfeldes erreichten. Hier zog sie der große Gradient der Lichtintensität des gaußschen Strahlprofils zum hellen Zentrum des Strahls zurück. Dort wo sich die auf die Kugeln wirkenden Kräfte aufhoben, kamen sie zur Ruhe. Wurde die Polarisationsrichtung des Lichtes langsam gedreht, so veränderten die Kugeln ihre Ruhelage stetig.

Abb.: Das p-polarisierte Licht treibt große und kleine Kugeln nach rechts, während das s-polarisierte Licht als Traktorstrahl nur die großen Kugeln nach links zieht und dadurch von den kleinen Kugeln trennt. (Bild: O. Brzobohaty et al. / NPG)

Für s-polarisiertes Licht bewegten sich die 820 nm großen Kugeln gegen die Ausbreitungsrichtung des Lichtes und erreichten ihre neue Ruhelage auf der anderen Seite des Intensitätsprofils. Indem die Forscher einen sehr breiten Lichtstrahl verwendeten, konnten sie mit ihrem Traktorstrahl einzelne Kugeln über etwa 40 µm gegen die Strahlrichtung transportieren. Hingegen bewegten sich 600 nm große Kugeln auch für s-polarisiertes Licht stets in Strahlrichtung.

Die Wirkung des Traktorstrahls auf ein Teilchen beruht darauf, wie effizient es die Photonen in die Vorwärtsrichtung streut und dadurch einen rückwärts gerichteten Impuls bekommt. Diese Effizienz hängt u. a. von der Teilchengröße ab. So ist es zu erklären, dass s-polarisiertes Licht 820 nm oder 2 µm große Kugeln wie ein Traktorstrahl zurückzog, während es 600 nm oder 1600 nm große Teilchen vor sich her trieb. Dadurch wurde es möglich, Teilchen unterschiedlicher Größe, die miteinander vermischt waren, schnell und einfach voneinander zu trennen und zu sortieren.

Ordneten sich mehrere Kugeln unter der Wirkung des Lichts zu einer Kette an, so konnten sie das auf sie fallende Licht besser in die Vorwärtsrichtung streuen. Dadurch zog sie der Traktorstrahl mit einer größeren Kraft zurück. Erreichten die Kugeln den Rand des Lichtfeldes, so löste sich die Kette auf, und die Kugeln bewegten sich einzeln zur Mitte des Strahls hin, wo sie ihre neuen Ruhelagen einnahmen. Dass man Teilchen mit Traktorstrahlen sortieren kann, deren Kräfte sich mit Hilfe von Teilchenclustern verstärken lassen, eröffnet nach Meinung der Forscher interessante Anwendungsmöglichkeiten.

Rainer Scharf

OD

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