Überdämpfte Lichtfeldphase
Phasenübergang zwischen zwei getrennten Phasen in optischem Bose-Einstein-Kondensat.
Ein einziges „Super-Photon“ aus vielen Tausend einzelnen Lichtteilchen – rund zehn Jahre ist es her, dass Forscher der Universität Bonn einen solchen extremen Aggregatzustand zum ersten Mal herstellten. Martin Weitz und Johann Kroha berichten nun von einem neuen, bisher unbekannten Phasenübergang in einem solchen optischen Bose-Einstein-Kondensat. Es handelt sich dabei um eine überdämpfte Phase. Die Ergebnisse könnten langfristig für die verschlüsselte Quantenkommunikation relevant sein.
Ein Bose-Einstein-Kondensat ist ein extremer Aggregatzustand, der üblicherweise nur bei sehr niedrigen Temperaturen vorliegt. Das Besondere: Die Teilchen in diesem System lassen sich nicht mehr unterscheiden und befinden sich überwiegend im selben quantenmechanischen Zustand, verhalten sich also wie ein einziges riesiges „Superteilchen“. Der Zustand kann daher durch eine einzige Wellenfunktion beschrieben werden.
2010 gelang es den Forschern um Martin Weitz zum ersten Mal, ein Bose-Einstein-Kondensat aus Lichtteilchen zu erzeugen. Bis heute hat sich ihr spezielles System bewährt: Die Forscher fangen Lichtteilchen in einem Resonator aus zwei gekrümmten Spiegeln ein, die in einem Abstand von nur etwas mehr als einem Mikrometer angeordnet sind und einen sich schnell hin- und herbewegenden Lichtstrahl reflektieren. Der Zwischenraum ist gefüllt mit einer flüssigen Farbstofflösung, die dazu dient, die Photonen abzukühlen. Dazu verschlucken die Farbstoffmoleküle die Photonen und spucken sie anschließend wieder aus, wodurch die Lichtteilchen auf die Temperatur der Farbstofflösung – entspricht Raumtemperatur – gebracht werden. Dieses System macht es überhaupt erst möglich, Lichtteilchen abzukühlen, denn ihre natürliche Tendenz ist es, sich bei Abkühlung aufzulösen.
Aber wie kommt es nun zu dem besonderen Phasenübergang innerhalb des Systems der eingefangenen Lichtteilchen? Durch die etwas lichtdurchlässigen Spiegel gehen Photonen verloren und werden wieder ersetzt – ein Nichtgleichgewicht, das dazu führt, dass das System keine eindeutige Temperatur einnimmt und in eine Schwingung versetzt wird. Das lässt einen Übergang zwischen dieser oszillierenden Phase und einer gedämpften Phase entstehen.
„Die von uns beobachtete überdämpfte Phase entspricht sozusagen einem neuen Zustand des Lichtfelds“, sagt Erstautor Fahri Emre Öztürk, Doktorand am Institut für angewandte Physik der Universität Bonn. Die Besonderheit ist, dass der Effekt des Lasers üblicherweise nicht von dem der Bose-Einstein-Kondensation durch einen Phasenübergang getrennt ist und es keine scharf definierte Grenze zwischen beiden Zuständen gibt. Das bedeutet, dass die Physiker kontinuierlich zwischen den Effekten hin- und herfahren können.
„In unserem Experiment ist hingegen der überdämpfte Zustand des optischen Bose-Einstein-Kondensats durch einen Phasenübergang von sowohl dem oszillierenden Zustand als auch einem üblichen Laser getrennt“, sagt Studienleiter Martin Weitz. „Das zeigt, dass es ein Bose-Einstein-Kondensat gibt, das wirklich ein anderer Zustand als der übliche Laser ist. Anders ausgedrückt, haben wir es mit zwei getrennten Phasen des optischen Bose-Einstein-Kondensats zu tun“, betont er.
Aufbauend auf den Ergebnissen wollen die Wissenschaftler in weiteren Studien nach neuen Zuständen des Lichtfelds in mehreren gekoppelten Lichtkondensaten suchen, die in dem System ebenfalls auftreten können. „Wenn in gekoppelten Lichtkondensaten geeignete quantenmechanisch verschränkte Zustände auftreten, kann das interessant sein, um quantenverschlüsselte Nachrichten zwischen mehreren Teilnehmern zu übertragen“, sagt Fahri Emre Öztürk.
U. Bonn / DE