26.09.2008

Überraschende Blitze geben Rätsel auf

Max-Planck-Forscher beobachten Strahlungsausbrüche eines möglichen Magnetars, die die Grenzen etablierter Theorien aufzeigen

Überraschende Blitze geben Rätsel auf

Max-Planck-Forscher beobachten Strahlungsausbrüche eines möglichen Magnetars, die die Grenzen etablierter Theorien aufzeigen


Mithilfe des Hochgeschwindigkeits-Photometers OPTIMA hat ein Team von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik in Garching möglicherweise eine unerwartete neue Unterart astronomischer Objekte entdeckt. Dabei scheint es sich um einen Magnetar zu handeln, der Strahlungsausbrüche im optischen Spektrum aufweist. Diese Neutronensterne mit besonders starkem Magnetfeld zeichnen sich gewöhnlich durch Röntgen- und Gammablitze aus (Nature, 25. September 2008).



Abb. Künstlerische Darstellung des Magnetars (Bild: Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik)


Als die Forscher um Alexander Stefanescu eine Nachricht vom NASA-Satelliten Swift über einen Ausbruch hochenergetischer Strahlung erhielten, stellten sie schnell fest, dass es sich dabei nicht um einen gewöhnlichen Gammablitz handeln konnte. Die Wissenschaftler beobachteten plötzliche, helle Blitze anstatt der zu erwartenden langsamen Helligkeitsabnahme. Diese Beobachtungen wurden immer rätselhafter. Denn in der darauf folgenden Nacht war die Aktivität noch immer nicht abgeklungen, sondern stattdessen auf ein Vielfaches angestiegen. Erst einige Nächte darauf erloschen die Blitze.

Die Max-Planck-Forscher untersuchten die Strahlung genauer, die das unbekannte Objekt während eines Röntgenausbruchs ausgesandt hatte. Sie fanden heraus, dass ein Teil der Röntgenstrahlung auf dem Weg vom Objekt zur Erde von Wasserstoffgas absorbiert wurde. Nach einer Vermessung der Gasmassen entlang der Sichtlinie zum Objekt stand fest: Das Objekt befand sich mit großer Wahrscheinlichkeit innerhalb unserer Galaxis. Somit konnte es sich nicht um einen normalen Gammablitz (englisch: Gamma Ray Burster, GRB) handeln. Denn diese treten nicht in unserer "näheren Nachbarschaft", sondern in weit entfernten Galaxien auf.

Erst mit dem Hochgeschwindigkeits-Photometer OPTIMA des Max-Planck-Institutes, und dem 1.3 Meter Teleskop der Skinakas Sternwarte (einem Gemeinschaftsprojekt der Universität von Kreta, der Foundation for Research and Technology - Hellas und des MPE), kamen die Wissenschaftler dem Rätsel auf die Spur. OPTIMA ist das einzige Instrument weltweit, das eine hohe Zeitauflösung mit der Fähigkeit kombiniert, auf unerwartete Ereignisse zu reagieren. Detektoren zeichnen die Ankunftszeit jedes einzelnen Photons auf - mit vier Millionstel Sekunden Genauigkeit. Somit kann im Detail verfolgt werden, wie sich die Helligkeit eines Objektes verändert.

Im Hochenergie-Bereich ist es durchaus üblich, jedes einzelne Photon zu beobachten, aber OPTIMA ist eines der wenigen Instrumente, die über eine solch hohe Zeitauflösung im optischen Bereich verfügen. Dies ermöglichte es den Wissenschaftlern, die hohe Variabilität in der Helligkeit des Objekts zu untersuchen. Dies half entscheidend dabei, die anfängliche Hypothese, dass es sich hier um einen Gammablitz handle, definitiv auszuschließen.

Das unbekannte Objekt stellte sich bei der Untersuchung mit diesem Instrument nämlich als zehnmal kleiner als die Sonne heraus - aber zugleich als fast hundertmal so hell. Geht man von herkömmlicher Wärmestrahlung aus, wie sie beispielsweise die Sonne ausstrahlt, wären hierzu außerordentlich hohe Temperaturen nötig. "Dann wäre aber nicht erklärbar, wie sich ein solch großes Objekt derart schnell aufheizen und gleich wieder abkühlen kann. " sagt Alexander Stefanescu. "Es konnte sich daher nur um einen nicht-thermischen Prozess handeln." Die Max-Planck-Forscher schlossen aus diesen Beobachtungen, dass das Licht nicht durch Erhitzung eines Mediums wie in einer Glühbirne oder einer Kerze erzeugt wird, sondern zum Beispiel durch Teilchen in einem Magnetfeld.

Die lang anhaltende Aussendung heller, kurzer Blitze erinnerte die Forscher zudem an die im Hochenergiebereich beobachtbaren, nicht-thermischen Ausbrüche von so genannten wiederkehrenden, weichen Gammaquellen (engl. Soft Gamma Repeater, SGR). Die Vermutung der Wissenschaftler: Bei dem beobachteten Objekt handelt es sich um die gleiche Art Objekt wie ein SGR, einen Magnetar. Darunter verstehen Wissenschaftler einen speziellen Typus von Neutronensternen mit besonders starkem Magnetfeld. Ein weiteres, unabhängiges Nature-Paper von Alberto Castro-Tirado (Consejo Superior de Investigaciones Cientificas, IAA-CSIC, Granada) über Breitband-Beobachtungen dieser Quelle stützt diese Hypothese.

Neutronensterne entstehen beim Kollaps eines Sterns einer bestimmten Gewichtsklasse im Rahmen einer Supernova. Wenn ein neugeborener Neutronenstern sehr schnell rotiert, kann sein Magnetfeld um den Faktor 1000 verstärkt werden und das resultierende Feld bis zu 100 Gigatesla erreichen - ungefähr eine Milliarde Mal stärker als die stärksten Felder, die auf der Erde im Labor erzeugt werden können. Solch ein Magnetfeld ist derart stark, dass in seiner Nähe Atome zu dünnen Nadeln langgezogen werden. Kreditkarten könnten hierdurch beispielsweise selbst aus der Entfernung des Mondes gelöscht werden.

Die Änderung der Magnetfeldkonfiguration im Inneren des Magnetars in den ersten 10.000 Jahren seiner Existenz übt so starke Kräfte auf seine Kruste aus, dass sich diese aufheizt und gelegentlich brechen kann. Dabei werden eben jene Ausbrüche hochenergetischer Strahlung erzeugt, deren Eigenschaften den optischen Ausbrüchen des von Swift entdeckten Objekts ähneln.

Was aber lässt die Strahlungsausbrüche des mutmaßlichen Magnetars im Optischen anstatt im Gamma-Licht leuchten? Eine mögliche Theorie ist, dass hoch geladene Ionen aus der Oberfläche des Magnetars gelöst werden und entlang der Feldlinien wandern. Da die Ionen sehr viel schwerer sind als Elektronen, kreisen sie deutlich langsamer um die Feldlinien und emittieren dadurch elektromagnetische Strahlung viel niedrigerer Energie.

Die meisten Beobachtungen von Magnetaren sind bisher jedoch in den hohen Energiebereichen erfolgt. "Uns sind 15 weitere Magnetare bekannt, aber bislang wurden keine optischen Ausbrüche bei ihnen beobachtet", so Stefanescu. "Entsprechend fanden auch die Hauptanstrengungen der Theoretiker im Bereich Hochenergie statt. Deshalb haben wir keine passende Theorie zur Verfügung, mit der wir unsere Beobachtungen vergleichen können" so der Max-Planck-Forscher. Die Wissenschaftler wollen nun die Konsequenzen der etablierten Theorien für diese optische Emission untersuchen.

Max-Planck-Gesellschaft


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