22.05.2020

Überraschung im Metallgerüst

Unter sehr hohem Druck entstehen ungewöhnliche Nitride in porösen metallischen Gerüststrukturen.

Es ist eine alltägliche Erfahrung: Je kräftiger der Druck ist, den man von allen Seiten auf einen Gegenstand ausübt, desto mehr wird er zusammen­gepresst. Das Volumen verringert sich und Hohlräume im Inneren verschwinden. Doch genau dieser Erfahrung widersprechen die neuen Hochdruck-Experimente an der Universität Bayreuth. Bei einem Kompressions­druck von rund einer Million Atmosphären, wie er rund 2500 Kilometer unterhalb der Erd­oberfläche herrscht, entstehen aus Stickstoff-Atomen und den Atomen eines Metalls poröse Gerüst­strukturen. Dabei bauen Stickstoff-Atomen beispiels­weise zickzack­förmige Ketten auf. In die Hohlräume der neuen Kristalle dringen Stickstoff-Moleküle ein. Bei den in den Experimenten verwendeten Metallen handelt es sich um Hafnium, Wolfram und Osmium. Sie zählen aufgrund ihrer Positionen im Perioden­system der Elemente zur Klasse der Übergangs­metalle. 
 

Abb.: Metallische anorganische Gerüst­struktur. Blau: Stickstoff-Atome, rot:...
Abb.: Metallische anorganische Gerüst­struktur. Blau: Stickstoff-Atome, rot: Stickstoff-Moleküle in den Zwischen­räumen (Bild: M. Bykov)

„Unter normalen Drücken und Temperaturen, wie wir sie auf der Erde kennen, sind Stickstoffmoleküle sehr bindungsunwillig. Deshalb ist es faszinierend zu beobachten, wie sich unter hohen Drücken das Bindungsverhalten des Stickstoffs radikal ändert. Es entstehen komplexe Gerüststrukturen, die unterschiedliche Arten chemischer Bindungen enthalten. In jedem Fall sind diese Strukturen porös – was sehr ungewöhnlich ist, wenn man beispielsweise bedenkt, wie sich Graphit­schichten unter Hochdruck in kompakte und sehr harte Diamanten verwandeln“, erklärt Natalia Dubrovinskaia vom Labor für Kristallographie der Universität Bayreuth, die an der neuen Studie maßgeblich beteiligt war.

Wie die komplexe Gerüst­struktur aussieht, die im Einzelfall entsteht, hängt entscheidend von der Wahl des Übergangs­metalls ab. Dies bedeutet im Prinzip, dass die Synthese der Nitride gezielt gesteuert werden kann – zumindest unter hohen Drücken, wie sie im Labor erzeugt werden können.

„Im Hinblick auf die wachsende technologische Bedeutung von Nitriden, beispielsweise für die Elektronik oder Energie­speicherung, bietet unsere neue Studie zahlreiche Anregungen für die Entwicklung neuer High-Tech-Materialien“, sagt Maxim Bykov, Erstautor der Studie.

U. Bayreuth / DE
 

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