10.01.2013

Ulmer Forscher erklären Photosynthese-Ergebnisse aus Berkeley

Quantenbiologie: Thermische Vibrationen sorgen für Energietransport in pflanzlichen Proteinen.

In der aktuellen Veröffentlichung einer Gruppe von Forschern um Martin Plenio vom Institut für Theoretische Physik der Universität Ulm geht es um quantenmechanische Vorgänge bei der Photosynthese, einem von drei Phänomenen aus der Biologie, bei denen mutmaßlich die Quantenmechanik eine Rolle spielt. „Dass sich außerdem Vögel am Magnetfeld der Erde orientieren, gilt als gesichert“, sagt der Humboldt-Professor, „aber wie das funktioniert, weiß niemand“. Gleiches gelte für Vorgänge im Zusammenhang mit dem Geruchssinn von Mensch und Tier. „Für Abläufe bei der Photosynthese dagegen gibt es experimentell gesicherte Erkenntnisse, die aber einige Überraschungen aufzeigen“, erklärt der Physiker.

Abb.: Der allgemeine Aufbau der frühen Lichtsammlung in der natürlichen Photosynthese. (Abb.: A. W. Chin et al., Nat. Phys.)


Beispielsweise jene aus den Labors der University of California in Berkeley, die jetzt in der Ulmer Publikation erklärt werden. Die Untersuchungen hatten sich dabei auf zwei zentrale Fragestellungen bei der Umwandlung von Licht in chemische Energie konzentriert: Warum behält der Energietransport seine Quantenkohärenz so viel länger als man nach den Standardtheorien erwartet hatte und warum erfolgt der Transport durch Proteine von den „Antennen“ der Pflanze zum „Kraftwerk“ in der Zelle so effizient, ohne jeden Verlust nämlich?

„Dazu haben wir ein Modell mit simplen Prinzipien entwickelt und dieses mit einer sehr aufwendigen numerischen Berechnung überprüft“, erläutert Martin Plenio. Das Besondere daran: „Die Natur erzielt ihre Quantenkohärenz indem sie durch thermische Bewegung erzeugte Vibrationen des Proteins nutzt.“ Das funktioniere in diesem Fall nicht nur in der angestammten Umgebung problemlos, sondern stelle auch gängige Prinzipien der Quantenphysik quasi auf den Kopf. Hier nämlich arbeite man gemeinhin mit isolierten Atomen unter extrem niedrigen Temperaturen im Höchstvakuum.

Das Protein als Viel-Teilchen-System aber vibriere in einem bestimmten Modus „und diese Vibrationen halten die fließende Energie in der Phase, fast wie ein Dirigent sein Orchester im Takt hält“, so Plenio. „Dass thermische Bewegung Quanteneigenschaften erhalten oder sogar verstärken kann, hatten wir schon vor zehn Jahren im Rahmen der Quanteninformationstheorie vorgeschlagen, aber in der Biologie scheinen diese Ideen besonders fruchtbar zu werden“, so der Ulmer Physiker.

W. Baur/U. Ulm / PH

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