Ultimative Molekülspektroskopie
Frequenzkamm macht für große Moleküle Tausende von Absorptionslinien sichtbar.
Infrarotspektren von komplexen Molekülen mit hoher Auflösung schnell und umfassend aufnehmen: Das macht ein von Forschern am JILA in Boulder entwickeltes neues Verfahren jetzt möglich. Dabei bestrahlen die Wissenschaftler tiefgekühlte Moleküle in einem Hohlraumresonator mit einem Laserfrequenzkamm.
Abb.: Die neue Frequenzkammspektroskopie liefert für komplexe Moleküle (hier Nitromethan) schnell und mit hoher Auflösung eine große Fülle von Informationen über Rotations- und Schwingungsanregungen. (Bild : B. Spaun et al. / NPG)
Anhand hochaufgelöster Infrarotspektren lassen sich Moleküle identifizieren und sowohl ihre Struktur als auch ihre molekulare Dynamik aufklären. Das hilft beim Aufspüren gefährlicher Stoffe und ist wichtig für die chemische Grundlagenforschung. Doch sobald die untersuchten Moleküle mehr als eine Handvoll Atome enthalten, werden ihre Spektren schnell undurchschaubar. Das liegt daran, dass bei Zimmertemperatur Abermillionen Rotations-
Dem lässt sich dadurch abhelfen, dass man die Moleküle auf tiefe Temperaturen abkühlt. Jun Ye und seine Mitarbeiter vom JILA haben dazu mit Forschern der Harvard University ein von diesen entwickeltes Kühlverfahren eingesetzt. Dabei werden große Moleküle wie Nitromethan oder Adamantan in einem Hohlraumresonator mit ultrakaltem Helium als Puffergas von 300 K auf unter 10 K gekühlt. Dadurch verringert sich die Doppler-
Das eröffnet die Möglichkeit, das Infrarotspektrum der Moleküle mit hoher Auflösung aufzunehmen. Hier kommt die am JILA entwickelte hohlraumverstärke direkte Frequenzkammspektroskopie ins Spiel. Dabei werden die Moleküle in einem Hohlraum hoher Güte mit dem Infrarotlicht eines Laserfrequenzkamms bestrahlt. Dessen Spektrum besteht aus vielen Linien, die im gleichen Abstand angeordnet sind wie die Zähne eines Kamms. Die Kammfrequenzen werden mit der Mikrowellenfrequenz einer Cäsiumatomuhr abgestimmt.
Mit einem Piezostellglied lässt sich der Abstand der Spiegel des Hohlraumresonators so verändern, dass viele Kammfrequenzen über eine Bandbreite von hundert Nanometern mit dem Hohlraum in Resonanz sind. Das Licht mit diesen resonanten Frequenzen wird einige Tausend Mal zwischen den Spiegeln reflektiert, sodass es intensiv mit den kalten Molekülen wechselwirken kann. Ein Teil des Lichts wird durch einen der beiden Spiegel ausgekoppelt und mit einem Spektrometer analysiert.
Da gleichzeitig viele Kammfrequenzen die Moleküle anregen können, wird deren Absorptionsspektrum parallel an vielen Punkten aufgenommen, wodurch das Verfahren sehr schnell ist. Indem die Forscher den Abstand der Kammfrequenzen systematisch verändern, stellen sie sicher, dass keine Absorptionslinien zwischen die Kammfrequenzen fallen und so unsichtbar bleiben.
Auf diese Weise konnten die Forscher innerhalb von dreißig bis neunzig Minuten für jedes der von ihnen untersuchten Molekülarten ein Spektrum über einen großen Frequenzbereich aufnehmen, das Tausende von Absorptionslinien aufwies. Damit ist die neue Methode tausendmal effizienter als die gängige Einzelfrequenz-
In den aufgenommenen Spektren konnten die Forscher viele charakteristische Anregungen der Moleküle identifizieren. Dabei nutzten sie auch den Stark-
Sie wollen mit ihrem neuen Verfahren auch die Spektren von noch komplexeren Molekülen wie C60 untersuchen. Da die einzelnen Moleküle vom Laserlicht des Frequenzkamms über eine ungewöhnlich lange Zeit von über zehn Millisekunden abgefragt werden, könnte man auch detailliert untersuchen, wie bestimmte chemische Reaktionen ablaufen und wie sie von den Rotations- und Schwingungsanregungen der Moleküle beeinflusst werden.
Rainer Scharf
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