Ultraschnelle magnetische Vorgänge mit Röntgenlaser „live“ beobachtet
Am amerikanischen Röntgenlaser LCLS konnten Forscher erstmals genau verfolgen, wie sich die magnetische Struktur eines Materials zeitlich verändert.
Materialien mit besonderen magnetischen Eigenschaften sind Grundlage vieler aktueller Technologien, insbesondere der Datenspeicherung auf Festplatten und anderen Medien. Dabei macht man sich meist die magnetische Ordnung in den Materialien zu nutze: die Atome im Material verhalten sich dank ihres Spins zum Teil wie winzige Stabmagnete. Diese Mini-Magnete können in verschiedener Weise ausgerichtet sein. Deshalb lässt sich in ihnen Information speichern. Für eine effiziente Datenspeicherung ist es entscheidend, alte Daten schnell durch neue überschreiben zu können. Um neuartige Materialien zu entwickeln, die ein noch schnelleres Speichern ermöglichen, ist es deshalb wichtig, den zeitlichen Ablauf dieser Änderung magnetischer Ordnung in einem Material zu kennen.
Abb.: Ausschnitt aus der Struktur von Kupferoxid (CuO). Die Kupferatome (grün) tragen ein magnetisches Moment. Dabei ist die magnetische Struktur für die Temperaturen 213 Kelvin bis 230 Kelvin „inkommensurabel“ (IKM). Konkret braucht eine volle Drehung der Richtung des magnetischen Moments nicht genau vier Atomabstände, sondern etwas mehr oder etwas weniger. (Bild: S. L. Johnson, Phys. Rev. Lett.)
Einem Team, das von Forschern des Paul Scherrer Instituts (PSI) geleitet wurde, ist es nun in Experimenten am Röntgenlaser LCLS (Linac Coherent Light Source) im kalifornischen Stanford gelungen, diesen Vorgang für die magnetische Ordnung in Kupferoxid CuO zu untersuchen. Dieses Material weist je nach Temperatur völlig verschiedene magnetische Ordnungen auf: unter Minus 60 Grad Celsius „zeigen“ die Spins, die an den Kupfer-Atomen (Cu) als Magnete wirken, abwechselnd in die eine oder die entgegengesetzte Richtung; zwischen Minus 60 und Minus 43 Grad Celsius sind sie spiralförmig angeordnet als würden sie ein Wendeltreppe bilden. Wie die beiden Ordnungen aussehen, weiss man schon länger – wie lange der Übergang von der einen zur anderen Anordnung dauert, zeigte aber erst das Experiment der PSI-Forscher.
„In unserem Versuch haben wir mit einer „kalten“ Probe angefangen und diese mit einem intensiven Lichtblitz aus einem optischen Laser aufgeheizt,“ erklärt Steven Johnson, Sprecher des Experiments „Kurz danach haben wir die Struktur der Probe bestimmt, indem wir sie mit einem extrem kurzen Puls aus dem Röntgenlaser durchleuchteten.“ Für verschieden Zeitabstände zwischen Lichtblitz und Röntgenpuls wiederholten die Forscher die Prozedur. So konnten sie den Ablauf der Veränderungen der magnetischen Struktur nachvollziehen.
Das Experiment zeigte, dass es etwa 400 Femtosekunden dauerte bis die Struktur anfing, sich sichtbar zu verändern. Danach näherte sich die Struktur allmählich ihrem neuen Endzustand an. Das geschah umso schneller je intensiver der zur Anregung benutzte Lichtpuls war. „An der magnetischen Struktur sind die Spins aller Kupferatome beteiligt. So müssen sich die Atome an den verschiedenen Enden des Materials koordinieren bevor sich die Struktur verändern kann. Dafür brauchen sie 400 Femtosekunden“, erklärt Urs Staub, einer der Forscher. „Für das Kupferoxid ist das die fundamentale Grenze, schneller geht es einfach nicht. Das hängt damit zusammen, wie stark die Spins an benachbarten Atomen miteinander gekoppelt sind.“
Dass sich die Forschenden gerade für Kupferoxid interessieren, hat gute Gründe. Bei der schraubenförmigen magnetischen Ordnung, die zwischen Minus 60 und Minus 43 Grad Celsius auftritt, ist das Material auch „multiferroisch“, d.h. elektrische und magnetische Prozesse beeinflussen sich hier gegenseitig. Solche Materialien haben viele denkbare Anwendungen in Bereichen, in denen Magnetismus und Elektronik wechselwirken.
PP / PH