31.10.2018

Ungewöhnlicher Teilchenzustand

Starke Laserpulse erzeugen Weyl-Fermionen in magnetischen Materialien.

Forscher aus der Theorie­abteilung des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie (MPSD) in Hamburg und der North Carolina State University in den U.S. haben gezeigt, dass der lang gesuchte semi-metallische, magnetische Weyl-Zustand mit ultra­schnellen Laser­pulsen in magnetischen Materialien, den Pyrochlor-Iridaten, erzeugt werden kann.

Abb.: Eine Laserwelle trifft auf das magnetische Material und rüttelt an den Elektronen­spins (Pfeile). Dadurch wird der Magnetismus ab­geschwächt und es werden Weyl-Fermionen in dem Material induziert. (Bild: J. Harms, MPSD)

Alle bislang bekannten elementaren Teilchen fallen in zwei Kategorien: Bosonen und Fermionen. Auf theoretischer Basis ist vorher­gesagt, dass drei Arten von Fermionen existieren können, die nach Dirac, Weyl und Majorana benannt sind. Im freien Raum sind Elektronen Dirac-Fermionen, aber in Fest­körpern können sie ihre Eigen­schaften verändern. Im atomar dünnen Kohlen­stoff­material Graphen werden sie zu masse­losen Dirac-Fermionen. In anderen kürzlich entdeckten und produzierten Materialien können sie auch zu Weyl- und Majorana-Fermionen werden, weswegen diese Stoffe für zukünftige Technologien wie topologische Quanten­computer und andere innovative elektronische Geräte von Interesse sind.

In Kombination mit einer Welle von Bosonen, nämlich den Photonen in einem Laser, können sich Fermionen von einer Sorte in eine andere verwandeln, wie von Theoretikern schon 2016 vorher­gesagt wurde. Nun belegt eine neue Studie von Doktorand Gabriel Topp aus Michael Sentefs Emmy-Noether-Gruppe am MPSD, dass Elektronen­spins mit kurzen Licht­pulsen gezielt manipuliert werden können, wodurch magnetische Weyl-Fermionen in einem Isolator enstehen. Basierend auf einer vorigen Studie von Nicolas Tancogne-Déjean und dem Direktor der Theorie­abteilung, Angel Rubio, nutzten die Forscher die Idee der durch Laser veränderten Elektron-Elektron-Abstoßung, um den Magnetismus in Pyrochlor-Iridaten zu unter­drücken, in denen Elektron­spins auf einem Tetraeder­gitter positioniert sind.

Auf diesem Gitter zeigen alle Elektronen­spins wie kleine Kompass­nadeln nach innen, zum Zentrum des Tetra­eders, und auf dem benach­barten Tetra­eder zeigen alle nach außen. Diese all-in-, all-out-Kombination und die Länge der Kompass­nadeln ver­ursacht in dem Material ein isolierendes Verhalten, wenn es nicht durch Licht stimuliert wird.

Durch moderne Computer­simulationen in großen Rechen­clustern stellten die Wissen­schaftler jedoch fest, dass die Nadeln anfangen zu rotieren, wenn ein Licht­blitz auf den Stoff trifft und so wie kürzere Nadeln mit einer geringeren magnetischen Ordnung erscheinen. Durch diese Verringerung des Magnetismus wird das Material halb-metallisch und die Weyl-Fermionen leiten den elektrischen Strom.

„Unsere Forschung, wie man mit Licht Materialien auf ultra­kurzen Zeitskalen manipulieren kann, ist einen guten Schritt weiter­gekommen“, sagt Michael Sentef. Gabriel Topp fügt hinzu: „Uns über­raschte die Tatsache, dass selbst ein zu starker Laser­puls, der den Magnetismus komplett unter­drücken sollte, zu einem magnetischen Weyl-Zustand führen kann. Dies liegt daran, dass die Materie in diesen kurzen Zeit­spannen keine Gelegen­heit hat, sich im thermischen Gleich­gewicht auszu­balancieren. Wenn alles hin und her gerüttelt wird, dauert es ein wenig, bis die zusätzliche Energie des Laser­blitzes gleich­mäßig auf alle Teilchen des Materials verteilt ist.“

Die Wissenschaftler sind zuversichtlich, dass ihr Arbeit weitere theoretische und experimentelle Studien stimulieren wird. „Wir entwickeln gerade erst ein Verständnis davon, dass Licht und Materie auf viele beein­druckende Arten kombiniert werden können und dadurch fantastische Effekte erzeugt werden, von denen wir heute vielleicht noch nicht einmal träumen können“, sagt Angel Rubio.

MPSD / DE

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